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Was ein Freiburger bei der Seeblockade in Gaza erlebte

Adrien Berthel (links) aus Freiburg war mit der „Gaza Sumud Flotilla“ auf dem Weg in den Gaza-Streifen. Foto: Adrien Berthel

Mit 45 Booten machte sich die „Gaza Sumud Flotilla“ auf den Weg über das Mittelmeer nach Gaza. Mit an Bord: Adrien Berthel aus Freiburg. Seine Beweggründe für sein Engagement wiegen so schwer, dass er dafür sogar in Israel in Haft ging.

Es war nicht das erste Mal, dass Adrien Berthel sich politisch engagierte: Mit dem Fokus auf gewaltfreie Kommunikation war er auch schon bei der Besetzung des Hambacher Forstes aktiv. Als er auf den Gaza-Konflikt stieß, war seine Neugier geweckt: „Ich wollte selbst wissen, was da los ist“, so Berthel. Hauptberuflich arbeitete der Franzose, der seit 10 Jahren in Freiburg lebt, als Web Developer bei einem Unternehmen in Freiburg.

Im Juni engagierte er sich beim Global March to Gaza: Einer Protestbewegung, an der über 4.000 Aktivisten teilgenommen hatten, um von Ägypten nach Gaza zu laufen und die Blockade der Hilfsgüter zu durchbrechen. Noch vor der Grenze wurden sie jedoch abgefangen, so Berthel. Aus diesem Grund organisierte er als einer der Hauptverantwortlichen im September die „Gaza Sumud Flotilla“: Mit 45 Schiffen wollten sie Hilfsgüter nach Gaza bringen. „Wenn wir nicht über Land gehen können, nehmen wir den Seeweg“, so Berthel.

Für die Organisation blieb ihnen nur wenig Zeit: In Barcelona kauften sie Schiffe, engagierten Ärzte und Skipper, lernten die wichtigsten Fähigkeiten, die sie auf den Schiffen benötigten. Rund 500 Personen aus 46 Ländern nahmen teil. Finanziert hatte sich die Aktion vor allem durch Spenden.
Von Barcelona aus ging es für die Flotte nach Tunis. Hier bereits kam es zu einem ersten Angriff: „Drohnen haben uns im Hafen mit einer Art Molotow-Cocktails beworfen“, so Berthel. Für ihn eine schockierende Erfahrung. „Wir wollten nur Lebensmittel und Medikamente in ein Krisengebiet bringen – legal und ohne Gewalt.“

Adrien Berthel auf Hoher See. Foto: Adrien Berthel

Auf dem Weg nach Griechenland kam es in internationalen Gewässern zu einem weiteren Angriff: Drohnen warfen Granaten auf sie ab, versuchten, die Masten von Segelschiffen zu treffen und sie so manövrierunfähig zu machen. Adrien Berthel ist sich sicher: „Das war ein Angriff der Israelischen Streitkräfte.“

Ab da folgten ihnen Militärschiffe – offiziell, um ihnen Schutz zu geben. Dass diese im Falle eines Angriffs jedoch tatsächlich gegen Israel gekämpft hatten, glaubt er nicht. „Ich glaube, das war eher eine Art diplomatischer Schutz, um einem Angriff vorzubeugen“, sagt er. Im Gegensatz zur Deutschen und Französischen Regierung, hatten Italien und Spanien ihren Bürgern Schutz bei ihrer Reise versprochen.

Kurz vor der Küste Gazas war dann jedoch Schluss: Das Israelische Militär setzte sie fest und nahm sie gefangen. Dabei seien sie gefesselt und gedemütigt worden, so Berthel. Vor allem waren die Streitkräfte auf der Suche nach Greta Thunberg, die die Flotte ebenfalls begleitet hatte. „Sie haben sie an den Haaren gezogen und ihr mit einer Israelischen Flagge ins Gesicht geschlagen“, erinnert sich Berthel. Etwas Gutes habe die Aktion trotzdem gehabt: „Das Militär war aus dem Gazastreifen abgezogen worden, so dass die Leute die Gelegenheit hatten, zu fischen.“

Für die Besatzung der Flotte ging es dann in Haft in einem Israelischen Gefängnis für Palästinenser. Einer der Soldaten habe ihn gefragt, wie viel die Hamas ihm zahle für die Aktion, so Berthel. „Der war völlig geschockt als ich ihm sage, dass ich nicht bezahlt werde, sondern sogar Geld verliere, weil ich nicht arbeiten kann“, sagt er. Die meisten würden nach 20 Jahren unter Netanjahu keine andere Regierung kennen. „Diese Leute glauben wirklich, wir sind Terroristen.“ Er berichtet, die Israelische Armee habe Waffen und Drogen auf dem Boot ausgelegt und dann Videos für die Sozialen Medien gedreht, auf denen sie behaupteten, sie hätten diese im „Hamas-Versteck“ gefunden.

Fünf Tage verbrachten die Aktivisten anschließend ihm Gefängnis. Auch von dort schildert Berthel seine Erfahrung: „Wir haben dort Frauen, Männer, aber auch Kinder gesehen.“ Die Zellen der Männer seien frisch renoviert gewesen, in denen der Frauen habe man Blut auf dem Boden und an den Wänden sowie Einschusslöcher gesehen.

Zurück kehrte er mit Hilfe von Griechenland: „Die Griechische Regierung hat ein Flugzeug mit 150 Plätzen geschickt.“ Neben den 30 Beteiligten Griechen war auch Berthel unter denen, die nach Athen ausgeflogen wurden.

Dass sein Aktivismus nicht beendet ist, steht für ihn fest. Von dem von Trump vorgeschlagenen Friedensplan hält er nicht viel. „Ich glaube nicht an die Waffenruhe und ich halte nichts davon, dass fremde Länder diesen Frieden aushandeln“, so Berthel. Gleichzeitig sieht der Friedensplan keine Lösung für das Westjordanland vor. „Israel hätte damit dann immer noch Kolonien.“

Auch in Deutschland soll sein Aktivismus weitergehen: „Ich möchte weiter die Menschen über die Situation aufklären“, so Berthel. Wichtig sei ihm vor allem eines: „Israel steht nicht über internationalen Gesetzen.“