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Freiburgs Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer hört auf, hat aber Termine bis zum Schluss

Bärbel Schäfer Freiburg Bärbel Schäfer scheidet nach zwölf Jahren als Regierungspräsidentin aus dem Amt. Foto: www.pressebuero-freiburg.de

Von einer „Abschiedstour“ will Freiburgs Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer lieber nicht reden. Stattdessen ist Schäfers Terminkalender auch kurz vor ihrem Abschied aus dem Amt proppenvoll. Auf das Ende ihrer 12-jährigen Amtszeit blickt die Juristin „mit total durchwachsenen Gefühlen“.

Aufzuhören, so Schäfer, sei wie das „Abspringen von einem fahrenden Zug“ für sie: „Was wir jetzt aufgleisen können, wird aufgegleist.“ Das Regierungspräsidium (RP) Freiburg sei „ein toll aufgestelltes Haus“, und sie sei ja auch jemand, der „gern im Team denkt“, selbst wenn sie sich manchmal als „ein wenig zu schnell“ wahrnehme. Ursprünglich habe sie Richterin werden wollen, sagt Schäfer nicht ohne Selbstironie: „Weil man da immer das letzte Wort hat.“

Als Schäfer vor 12 Jahren ihr Amt antrat, war die Debatte in vollem Gang, ob es Bündelungsbehörden wie die Regierungspräsidien überhaupt noch brauche. Die neue Landesregierung habe die Sorge gehabt, dass die Beamten im RP „wie ein Wurmfortsatz der CDU“ agieren würden. Die Forderung nach weniger Bürokratie habe auch eine Rolle gespielt.

Dabei seien Behörden wie das RP eigentlich prädestiniert für kurze Wege in der Verwaltung: „Bei uns spricht nicht jede Abteilung für sich, beispielsweise wenn man schaut, wie viel unterschiedliches Fachwissen in eine Entscheidung für den Bau eines Windrades einfließen muss“, betont Schäfer. Südbaden sei zudem weit weg von Stuttgart. Da brauche man das RP, um Regierungsentscheidungen in der Fläche zu vertreten und umzusetzen.
Schäfer hat dazu beigetragen, die Stuttgarter Vertrauenskrise gegenüber den Behörden im Land zu befrieden: „Wir haben sogar einen Stellenzuwachs erreicht statt geplanter Streichungen. Wir haben gesagt: Wenn ihr uns personell aushungert, können wir nicht effizient sein.“ Klar gebe es „viel Bürokratie“ in Deutschland.

Aber Entscheidungen müssten auch rechtssicher sein. Und je weniger hier differenziert werde, desto weniger Handlungsspielräume gebe es: „Wer Bürokratie abbaut, baut auch Standards und Einzelfallgerechtigkeit ab“, ist Schäfer überzeugt.

Eine Amtszeit geprägt von Flüchtlingskrise und Corona

Man sei „ein Scharnier“ zwischen Land und der Region. „Korrespondierende Röhren“ nennt Schäfer dieses Selbstverständnis, bei dem es nicht nur ums Umsetzen der Ideen aus Stuttgart, sondern auch um die Repräsentanz der Region gegenüber den Ministerien geht. Konkret zum Beispiel bei der Einrichtung des Biosphärengebiets Schwarzwald, das vor 12 Jahren noch eher eine vage Idee war und heute neben der Energiewende ein Herzensthema Schäfers geworden ist.

„Wir haben hier angesichts der touristischen Prägung unserer Region zum Beispiel ganz andere Förderkriterien gebraucht als im Nationalpark.“ Solche Details „von unten nach oben“ zu platzieren sei nicht immer ganz einfach und auch für eine Behörde ein Lernprozess.

Wie auch der völlig unvorbereitete Umgang mit den vielen Geflüchteten, die 2015 im Regierungsbezirk unterzubringen waren, ohne dass es dafür irgendwelche personelle oder räumliche Struktur gegeben hätte – ein Lernprozess und „ein Kelch, der gern an mir hätte vorübergehen können“, so Schäfer weiter.
Heute bestimmen in der öffentlichen Debatte oft sogenannte „Wutbürger“ den Diskurs.

„Das ist eine Zerreißprobe“, sagt Bärbel Schäfer. „Das macht uns unglaublich zu schaffen. Es gibt da leider keine Patentrezepte.“ Angefangen habe diese Entwicklung mit der „Pegida“-Bewegung, „dann kamen im Zuge der Covid-Pandemie die Verschwörungstheoretiker dazu.“ Man versuche, mit neuen Beteiligungsformaten oder „niederschwelligen Angeboten“ in den Sozialen Medien gegenzusteuern, um die eigene Arbeit als Behörde zu vermitteln.

„Ich kann mir die Leute ja nicht so backen, wie ich sie haben will. Ich muss sie nehmen, wie sie sind“, so Schäfers pragmatische Sicht auf die Protestkultur von heute. „Ich komme ja aus einer Generation, die sich selbst verwirklichen und die Welt besser machen wollte“, sagt sie.

Als junge Juristin habe sie Bürgergruppen juristisch unterstützt, die sich für Umweltprojekte und gegen Behördenentscheidungen einsetzten. Später als Leiterin des Rechtsamts der Stadt Freiburg sei ihr wichtig gewesen, an einer Verwaltung zu arbeiten, die „die Leute mitnehmen will“.

Ein „Prototyp“ für das Amt als Regierungspräsidentin sei sie damit nicht gewesen. Wenn es nach ihr geht, wird Bärbel Schäfer auch im Ruhestand politisch aktiv sein. Bei der Kommunalwahl tritt sie in Freiburg für die Grünen an. Zeit fürs Wandern, die Familie und ihre Freunde will sie aber auch einplanen. Und „runterkommen“.

Autor: Bernd Peters