Scheue Bewohner deutscher Wälder

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Freiburger Forschende ermitteln erstmals die Wildtierpopulationen in 10 deutschen Großschutzgebieten – Daten haben hohen Nutzen

 

7.591 Rothirsche, 3.443 Rehe, 4.876 Wildschweine, 36 Wölfe, 16 Luchse und 227 Rotfüchse: Das ist das Ergebnis eines neuartigen Monitorings von Wildtierpopulationen in zehn deutschen Großschutzgebieten. Durchgeführt wurde es von Wissenschaftlern der Uni Freiburg um Marco Heurich und Christian Fiderer von der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen.

Mit rund 1.000 automatischen Wildtierkameras (Fotofallen) wurden in den Jahren 2019 und 2020 mehr als 1,2 Millionen Aufnahmen gemacht. Die Populationsdichte der Schutzgebiete konnte dann durch den Einsatz statistischer Modelle und Künstlicher Intelligenz ermittelt werden. Das Wildtiermonitoring ist Teil eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens des Bundesamtes für Naturschutz. Deren Ergebnisse sollen dazu beitragen,  die Bestände der wichtigsten Wildtierarten bestimmen zu  können und deren Wirkung auf Ökosysteme weiter zu erhellen. Auf diese Weise kann auch seriös über Regulierung der Population entschieden werden.
 „Das Wesentliche, warum wir das machen, ist, dass wir ein adaptives Management anstreben. Dafür werden verschiedene Indikatoren aufgenommen, von denen die Bestandesdichte der Wichtigste ist. Zusätzlich haben wir noch ein Verbiss-Monitoring, das uns wichtige Kennziffern liefert. Und auch die Daten über den genauen körperlichen Zustand, das Alter und der Standort von erlegten Tieren fließen in die Entscheidungen zum Wildtiermangement ein“, erklärt Heurich  dem Wochenbericht.  
Erhoben wurden die Bestände in den Nationalparks Bayerischer Wald, Berchtesgaden, Eifel, Hainich, Harz, Hunsrück-Hochwald, Kellerwald-Edersee, Müritz und Schwarzwald sowie im Wildnisgebiet Königsbrücker Heide. Mit Hilfe des Monitorings soll es in Zukunft möglich sein, schutzgebietsübergreifend Zusammenhänge zwischen den Populationsgrößen und der Wirkung der Huftiere auf ihr Ökosystem zu erkennen.  Es kommt auch  darauf an, den Wildbestand so zu regulieren, dass die Ansprüche von Wald und Wildtieren in Einklang gebracht werden.
„Wir haben ein Datenbanksystem entwickelt, wo wir all diese Bilder strukturiert ablegen – dazu haben wir Lösungen mit künstlicher Intelligenz (KI) integriert. In Zukunft soll uns die KI auch bei der Tierartenbestimmung helfen. Und auch, um welches Geschlecht es sich handelt und ob es beispielweise ein Jungtier ist, soll die KI in Zukunft bestimmen können“, erläutert Marco Heurich.
„Wir haben sehr viele schöne interessante Bilder gehabt. Highlights sind natürlich Wölfe oder Luchse, die man sonst eher nicht zu Gesicht bekommt. Und auch Mütter mit ihren Jungtieren, etwa Hirschkühe mit ihren Kälbern“, erzählt er. Die seltensten Sichtungen waren jedoch andere: So ging ein Goldschakal im Nationalpark Hainich (Thüringen) in  die Fotofalle und auch einige Waldiltise wurden per Kamera dokumentiert. Eine Erkenntnis: Die Rotwilddichte im Nationalpark Schwarzwald war relativ niedrig. Das hat unter anderem damit zu tun, dass dieser Park ein Mittelgebirgspark ist, wo die Umweltbedingungen härter sind. Derweil ist der Wildbestand in den östlichen Bundesländern am höchsten.
Die Fotofallen haben übrigens noch weiteren Nutzen: Sie dokumentieren, wann  Schnee liegt, wann die Laubverfärbung einsetzt, wie die Fruchtbildung bei Beerensträuchern ausfällt etc.. „Wir haben somit ein umfassendes Umweltmonitoring, was vor dem Hintergrund der Klimaveränderung wichtige Daten liefern kann“, so Heurich.

Sven Meyer