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Christian Streich erlebt beim SC Freiburg einen fast perfekten Abschied

Christian StreichFußballtrainer durch und durch: Christian Streich prägte den SC Freiburg drei Jahrzehnte lang. Foto: Achim Keller

Es hat nicht sollen sein: Der SC Freiburg beendet die zurückliegende Saison ohne erneute Europa-Qualifikation. Was am Ende bleibt, ist der Trost für Christian Streich, zum richtigen Zeitpunkt seinen Abschied zu nehmen.

1:2 verloren und Europa verpasst – das, was der SC Freiburg am Samstag in Berlin durchlebte, ist mit Gefühlschaos ganz gut beschrieben: Die Enttäuschung über das Scheitern an der erneuten Europapokal-Qualifikation vermengte sich mit dem Abschiedsschmerz und der Dankbarkeit über die gemeinsamen Jahre mit Christian Streich und sorgten für eine besondere Stimmung, die diesen 34. und letzten Spieltag nach einer komplizierten Saison umwehte.

„Dass wir heute und die letzten Wochen kein Spiel gewonnen haben, das muss ich mir vorwerfen lassen, das ist nicht schön“, sagte Streich nach seinem letzten Spiel als SC-Trainer und sprach von „einer persönlichen Enttäuschung“. So tragisch es ist – aber das war der Sound, den Streich ausgerechnet nach seinem allerletzten Bundesligaspiel als SC-Trainer anstimmen musste.

Vor der Partie stand der 58-Jährigen mit Tränen in den Augen und zittriger Stimme am Sky-Mikrofon und sagte auf die Frage, was er am meisten vermissen werde: „Die Menschen.“

All die Zuneigung, die ganze Liebe und Dankbarkeit, die ihm in diesem wochenlangen Abschiedzeremoniell entgegen geflogen war, als er mit Geschenken überhäuft wurde und die Menschen zu den öffentlichen Trainings gepilgert waren, hätte Streich am liebsten über eine erneute Europa-Quali zurückgezahlt. Und so erlebten die Fans des SC Freiburg im Moment der Niederlage einmal noch diesen facettenenreichen Fußballtrainer. Mit entschuldigendem Blick und ausgebreiteten Armen verneigte er sich nach dem Abpfiff vor den mitgereisten Freiburger Fans – als wollte er sagen: ’Ich hab’s versucht, aber es hat nicht geklappt.’

„Die Entscheidung, jetzt beim SC Freiburg aufzuhören, ist genau die richtige Entscheidung. Darüber bin ich sehr glücklich.“

Christian Streich

Die zurückliegende Saison stand vom Start weg unter keinem guten Stern. Früh in der Vorbereitung begannen die Verletzungssorgen, die sich durch die gesamte Spielrunde ziehen sollten: Allen voran die komplizierte Langzeitverletzung von Kapitän Christian Günter und die Parallel-Ausfälle des Stamminnenverteidigerduos Matthias Ginter und Philipp Lienhart. Daran hatte das Team zu knabbern. „Wir haben immer wieder mit neuen Aufstellungen spielen müssen“, sagte Günter in Berlin. Im DFB-Pokal handelte sich das Team zudem gegen Zweitligist Paderborn ein bitteres Zweitrunden-Aus ein.

Doch trotz der komplizierten Umstände war es der Mannschaft gelungen, immer in Reichweite der Euroapokalplatzierungen zu bleiben. In der Europa League sorgte der SC ein weiteres Mal für Furore, kam zwei Runden weiter und schied – wie schon im Vorjahr – erst im Achtelfinale aus. „Das ist alles nicht normal für uns. Deshalb müssen wir die Kirche im Dorf lassen. Und können trotzdem stolz sein“, so Günter.

Was wird aus Streich?

Nun also übernimmt Julian Schuster das Ruder beim SC und es wird ohne Christian Streich weitergehen müssen, der so großen Anteil an der rasanten Entwicklung des Vereins hat: Sei es vom Aufbau der Freiburger Fußballschule, seinen Erfolgen mit den SC-A-Junioren (einmal deutscher Meister & dreimal Pokalsieger), dem Klassenerhalt 2012 in seinem ersten Jahr als Chefcoach, der direkte Wiederaufstieg 2016 nach einem Jahr in der zweiten Liga, der viermaligen Qualifikation für den Europa-Pokal und natürlich dem Einzug ins DFB-Pokalfinale vor zwei Jahren.

In einer Sache ist Streich mit sich im Reinen – trotz des enttäuschenden Saisonfinales: „Ich habe keinerlei Bedenken, was jetzt kommt“, sagte er in Köpenick. „Die Entscheidung, jetzt beim SC Freiburg aufzuhören, und dass der Julian (Schuster, d. Red.) und die Jungs, die da bleiben, das zusammen machen, das ist genau die richtige Entscheidung. Darüber bin ich sehr glücklich.“ Dass er den Zeitpunkt seines Abschieds selbst habe entscheiden dürfen, sei „ein Geschenk“. Und so machte er das bedeutendste Geschenk am Ende selbst.

Ob man ihn irgendwann wieder an der Seitenlinie sehen wird? Streich schließt das nicht aus: „Eine Pause ist es nicht, Rentner bin ich nicht. Wir werden es sehen.“