Einmal quer durchs Strafgesetzbuch

Lokales

22-jähriger Tunesier hat in Freiburg viele Vergehen zu verantworten, auch bei den LEA-Tumulten – und ist reumütig

Anfang des Jahres hatten zahlreiche Straftaten in Freiburg und in der Landeserstaufnahme für Geflüchtete (LEA) über die Stadtgrenzen hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Einer der Tatverdächtigen steht nun vor Gericht.

Sein Blick ist stechend, seine Gestalt hager, das Haar und der Dreitagebart sind pechschwarz: Karim A. (22, Name geändert) ist auf der Flucht aus Tunesien über die Schweiz nach Freiburg gekommen. Vor dem dortigen Landgericht muss er sich seit Montag für eine Reihe von Delikten verantworten: ihm werden versuchte Vergewaltigung, Körperverletzung, Raub, Bedrohung, Beleidigung, Sachbeschädigung, Widerstand gegen die Polizei, Einbruch und diverse Diebstahldelikte seit September 2022 vorgeworfen.
Seit Ende Januar sitzt Karim A. in U-Haft. Er war auch einer der Tatverdächtigen, die der Polizei bei den Tumulten in der Landeserstaufnahme für Geflüchtete (LEA)  in die Fänge gerieten. „Es gab in der LEA immer Streit zwischen Nordafrikanern, Westafrikanern und Afghanen“, berichtet er. Dass er dort kräftig mitmischte und immerhin so auffällig war, dass ein Hausverbot gegen ihn erlassen wurde, will Karim  A. damals aber nicht verstanden haben. Dennoch zeigt er sich reumütig: in einer Erklärung, die sein Anwalt Jan-Georg Wennekers für ihn verliest, räumt er die meisten  Delikte ein: unter anderem hat er einen Busfahrer bedroht und beleidigt („ich f…e dich und deine Mutter!“), soll zum Schlafen in ein Wohnmobil eingestiegen sein, einem LEA-Bewohner das Handy geklaut haben, mit dem Messer den LEA-Sicherheitsdienst bedroht und immer wieder Diebstähle begangen haben.
Er sei damals ständig zugedröhnt gewesen mit Alkohol, Drogen und Medikamenten. Nachdem er in Freiburg angekommen war, habe er gemerkt, dass es hier auch nicht besser sei als Tunesien: „In der LEA war alles sinnlos.“ Da habe er, auch um nicht an die Familie  in Nordafrika denken zu müssen, zu Alkohol und Drogen gegriffen.

„Viele Dinge treffen zu“

Mit nüchternem Kopf betrachtet empfinde er heute tiefe Scham. „Viele der Dinge treffen zu, dafür werde ich geradestehen müssen“, so Wennekers im Namen seines Mandanten. Wobei dieser sich nicht mehr an alles  erinnern könne und manches anders gewesen sei, als die Anklage annimmt. So sei eines der Messerdelikte in der LEA  keines gewesen: Er habe lediglich ein Messer beim Sicherheitsdienst abgeben wollen, das er gefunden habe und niemanden bedroht. Auch an die versuchte Vergewaltigung einer Frau in einem Hausflur in der Freiburger Innenstadt
könne er sich nur „wie in Schlaglichtern“ erinnern. Eigentlich habe er den Flur betreten, um zu klauen und sich Kokain kaufen zu können. „Mindestens zehn kleine Bier“ und drei bis vier Gramm Kokain will er da bereits intus gehabt haben. Dann habe er dort „diese Frau“ getroffen und „alles wurde sehr seltsam.“ Eine Überwachungskamera hat die Tat dokumentiert und zeigt, wie Karim A. über eine halbe Stunde hinweg sein Opfer brutal verprügelte, würgte, mehrfach ins Gesicht trat, ihr die Kleider zerriss und sie zu vergewaltigen versuchte. Ihre massive Gegenwehr verhinderte dies aber. Also stahl er ihr die EC-Karte und weitere Gegenstände und lief davon. Ihm tue leid, was er getan habe, er habe die Frau nicht vergewaltigen wollen, so Karim A.: „Das mache ich nicht.“ Die Frau sagte  am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Das Urteil wird in knapp drei Wochen erwartet. (bp)