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Do-it-yourself-Trend in Freiburg: „Handarbeit bringt Menschen zusammen“

HandarbeitSeit rund fünf Jahren bietet die Sandalenwerkstatt in Freiburg einen Kurs pro Monat – fast immer sind sie ausgebucht. Foto: Steinbrecher

Nähen, Töpfern, Schreinern – Handarbeit ist schon lange nicht mehr nur etwas für die ältere Generation. Auch immer mehr junge Menschen erfreuen sich daran, Dinge mit ihren Händen zu erschaffen und direkt Ergebnisse zu sehen. Auch der soziale Aspekt kommt zum Tragen.

Mit DIY-Videos lassen sich Klicks generieren: Das zeigt sich in den Sozialen Medien schon seit langer Zeit. Doch auch Ateliers und Werkstätten in Freiburg bemerken einen größeren Zulauf junger Menschen. „Die meisten unserer Nähkurse sind schnell ausgebucht“, so Sybille Schäfer von der Stoffanstalt in der Habsburgerstraße. Interessant sind vor allem Anfängerkurse und die offene Werkstatt, bei der man unter Begleitung ein eigenes Projekt fertig stellen kann. Vor allem Studierende, aber auch Jugendliche und junge Eltern sind in der Stoffanstalt die Zielgruppe. Nachhaltigkeit ist oft ein Grundgedanke dahinter, aber auch das Selbstgestalten an sich.

Auch in Fridas Atelier erfahren die Kurse einen hohen Zulauf: „Viele Menschen suchen nach einem Ausgleich zum Alltag. Gerade Workshops in entspannter Atmosphäre – ob Sticken, Makramee oder Malen – kommen sehr gut an“, so Sima Gaiser. Handarbeit habe „etwas unglaublich Meditatives“, so Sima Gaiser. „Handarbeit bringt Menschen zusammen“, sagt sie.

Oft stehe die Auszeit für sich selbst im Vordergrund, so Sybille Schäfer. Das Wichtigste: „Mit den eigenen Händen etwas zu erschaffen, macht einfach glücklich.“

Bunt gemischte Gruppen

In der Sandalenwerkstatt von Heinrich Assies findet rund ein Kurs pro Monat statt – fast immer sind die Kurse ausgebucht, so Assies. In den letzten fünf Jahren habe man die Zahl der Kurse deutlich erhöht, davor waren es nur wenige im Jahr. Neben Blockkursen, die von Dienstag bis Samstag gehen, gibt es auch Samstagskurse an sechs aufeinander folgenden Samstagen. „Die Leute wollen gerne mit der Hand arbeiten“, weiß Assies. Seine Zielgruppe ist bunt gemischt. Sie alle aber wollen mit den im Kurs gefertigten Sandalen etwas herstellen, was auch einen praktischen Wert hat.

Wolfgang Gemeinhardt betreibt die Kurswerkstatt „Holz in Form“ in der Obergasse in Freiburg. Hier sieht er eine Vielzahl an verschiedenen Menschen: „Rund 50 Prozent meiner Kursteilnehmer stammen aus den Branchen IT, Pharma oder Medizin“, so Gemeinhardt. Er weiß, warum: „Gerade die Leute, die viel Kopfarbeit machen, sind von der Handarbeit begeistert, denn sie sehen direkt, was sie geleistet haben.“ In der Zwischenzeit legt er bei seinen Kursen den Fokus darauf, direkt loszulegen und nicht erst viel zu erzählen. Die meisten Menschen wollten direkt tätig werden, so Gemeinhardt. Auch Menschen, die bisher handwerklich unerfahren sind, erliegen schnell der Faszination. „Der Stolz ist riesig, wenn man am Ende etwas mit nach Hause nehmen kann.“

Ein Großteil der Kursteilnehmer in Wolfgang Gemeinhardts Werkstatt sind Frauen: Die meisten hätten bereits früher den Drang gehabt, zu bauen und zu basteln, oder sie würden selbst Dinge reparieren aber merken, dass das Wissen fehlt. „Die Leute wollen die Anleitung und das Wissen erwerben“, sagt er.
Doch nicht nur das Wissen steht bei den Kursteilnehmern im Vordergrund: Auch das zusammen Werkeln wird als motivierend und inspirierend empfunden. Ähnlich sieht es auch Stefanie Blüm vom Kleiderforum in Opfingen: „Es kommen Kinder bis Senioren, einerseits zum Nähen lernen, aber auch wegen des sozialen Aspekts“, sagt sie. Viele Leute würden nicht nur die Individualität der genähten Stücke schätzen, sondern durch das selber Nähen auch den Wert der Kleidung erkennen, sagt Blüm. „Hier wird ganz oft der Kauf von Billigkleidung neu überdacht.“

Auch Wolfgang Gemeinhardt merkt, dass der Kursbesuch zu einer Einstellungsänderung führt: „Das Schreinerhandwerk ist der schönste Beruf der Welt, der leider durch große Maschinen, Arbeitsteilung und viele künstliche Werkstoffe ziemlich kaputt gemacht wurde“, findet er. Die Rückbesinnung auf die Handarbeit tue den Leuten gut. „Wenn man solche Kurse besucht, merkt man das dann wieder.“

Heinrich Assies bietet Handarbeit mit Sandalen an. Foto: Steinbrecher