Seit 50 Jahren wird beim SC Freiburg Frauenfußball gespielt – ein Jubiläum, das am Sonntag, 14 Uhr gegen Eintracht Frankurt im Dreisamstadion groß gefeiert wird. Eine, die wie kaum eine andere für diese Entwicklung steht, ist Hasret Kayikci. Die ehemalige Nationalspielerin und SC-Rekordspielerin war fast 14 Jahre lang das Gesicht der SC-Frauen. Im Interview mit Matthias Joers blickt sie zurück – und nach vorn.
Frau Kayikci, was bedeutet Ihnen das 50-jährige Jubiläum der Frauenfußballabteilung?
Hasret Kayikci: Ich finde es großartig, dass der Verein das so feiert. Viele Menschen haben dazu beigetragen, dass wir heute hier stehen. Der Frauenfußball in Freiburg hat einen langen, steinigen Weg hinter sich – und jede Generation hat ihren Teil dazu beigetragen. Dieses Jubiläum ist ein Meilenstein, auf den alle stolz sein können.

Zum Jubiläumsspiel werden viele ehemalige Spielerinnen erwartet.
Kayikci: Ja, wir haben alle eingeladen. Jede Einzelne ist Teil dieser Geschichte. Deswegen ist es einn super-besonderes Spiel für uns als Verein. Mein erstes Spiel hier im Dreisamstadion war ein ganz besonderer Moment. Früher habe ich hier den Männern zugesehen und gedacht: „Hier wirst du nie spielen.“ Jetzt ist es unser Stadion. Das zeigt, wie weit wir gekommen sind.
Wie sahen die Bedingungen zu Beginn Ihrer Karriere aus?
Kayikci: Ganz anders als heute. In Duisburg habe ich als junge Spielerin 250 Euro im Monat verdient – davon musste ich noch Miete zahlen. Das waren die Strukturen in der höchsten Liga. Später in Freiburg hatten wir morgens um 7.45 Uhr Krafttraining, im Winter auf gefrorenem Boden oder Kunstrasen. Kein Profi-Männerteam würde unter solchen Bedingungen trainieren. Dass wir heute feste Trainingsplätze, einen eigenen Kraftraum und Top-Bedingungen haben, ist ein riesiger Fortschritt.
Inzwischen gilt der SC als Vorreiter in Sachen Infrastruktur.
Kayikci: Ja, gemeinsam mit Bayern München haben wir top Bedingungen. Der Verein hat viel investiert, und das merkt man. Trotzdem gibt es immer noch Vereine, die mit den Anforderungen in der 1. Bundesliga kämpfen. Grundsätzlich aber hat sich der Frauenfußball in den letzten
Jahren enorm weiterentwickelt.
Trotzdem ist die Bezahlung weiter Thema.
Kayikci: Viele verstehen das mit Equal Pay falsch. Keine Spielerin erwartet Millionen. Es geht einfach darum, dass man vom Fußball leben kann – und nach der Karriere nicht direkt in Existenznot gerät. Wer Profi ist, kann nebenher kaum arbeiten. In Freiburg sind wir auf einem guten Weg, aber insgesamt gibt es in Deutschland noch Nachholbedarf.
Sie selbst mussten in Ihrer Anfangszeit noch arbeiten.
Kayikci: Ja, ich habe 40 Stunden bei einer Firma gearbeitet, während ich abends trainierte. Mein Tag ging von 6.30 bis 21 Uhr. Das war extrem anstrengend. Viele Spielerinnen machen heute ein Fernstudium, um sich auf die Zeit nach der Karriere vorzubereiten. Aber das ist nicht einfach, weil sich Trainings- und Spielzeiten ständig ändern. Umso wichtiger ist es, dass Vereine professionelle Strukturen bieten.
Was waren Ihre persönlichen Höhepunkte beim SC?
Kayikci: Das Pokalfinale war sicher ein Highlight, auch wenn wir den Titel verpasst haben. Es war der Traum von uns allen, diesen ersten Titel für den Verein zu holen. Aber ich hoffe natürlich, dass wir das als Abteilung irgendwann schaffen. Und mein erstes Spiel im Dreisamstadion – das war ein unbeschreibliches Gefühl.
Ab 2026 sollen auch die Mädchen-Teams des Vereins ins Dreisamstadion ziehen.
Kayikci: Das ist ein wichtiger Schritt. So sehen die jungen Spielerinnen, wo sie hinwollen, und können sich mit der ersten Mannschaft identifizieren. Der SC setzt seit auf Nachwuchsarbeit – das ist der Freiburger Weg. Und unter den heutigen Bedingungen wird es für die Talente deutlich einfacher, sich zu entwickeln.

Die Bundesliga-Männer tragen zum Jubiläum in ihrem Heimspiel am 19.10. auch das Sondertrikot der Frauen. Wie finden Sie das?
Kayikci: Das ist etwas ganz Besonderes. Vor 20 Jahren wäre das undenkbar gewesen. Zu Beginn meiner Karriere mussten wir noch Trikots im Männerschnitt tragen. Ich sah darin aus wie ein Kartoffelsack – das war einfach absurd. Dass heute die Männer unser Jubiläumstrikot tragen, zeigt, wie weit wir gekommen sind. Am Ende sind wir ein Verein – egal ob Männer, Frauen oder Jugend. Das ist ein schönes Zeichen.
Was würden Sie sich für die nächsten 50 Jahre Frauenfußball beim SC Freiburg wünschen?
Kayikci: Ich würde mir wünschen, dass es weiterhin superprofessionell bleibt. Dass dieser Weg mitgegangen wird, dass Spielerinnen dieses professionelle Leben leben können. Dazu gehören viele Faktoren. Das fängt schon in der Jugend an. Und ich wünsche mir für die Mädels vollere Stadien. Es gibt kein geileres Gefühl, als in einem vollen Stadion zu spielen. Das ist auch eine Art Wertschätzung, die man für die harte Arbeit bekommt.
Info: Vor 50 Jahren wurde zum ersten Mal ein Frauenfußball-Team beim SC Freiburg gegründet. 50 Jahre später steigt das Jubiläumsspiel der SC-Frauen im Dreisamstadion: Am Sonntag, 12. Oktober, trifft der Sport-Club um 14 Uhr auf Eintracht Frankfurt. Rund um die Partie warten auf Klein und Groß mehrere Mitmach-Aktionen wie Glücksräder, eine Foto-Station, eine Torschussanlage, Musik und vieles mehr. Das Dreisamstadion – und auch die Stände des Fanfests – öffnen bereits um 12 Uhr. Tickets für das Jubiläumsspiel der SC-Frauen gibt es im Online-Ticketshop des SC Freiburg unter scfreiburg.com.