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Wann sollte man bei einem Insektenstich zum Arzt – und was ist das Chikungunya-Virus?

WespeGerade im Sommer häufen sich Insektenstiche – wie handelt man in diesem Fall richtig? Foto: Pixabay

Sommerzeit ist Wespenzeit – damit herrscht erhöhte Gefahr vor Stichen. Zugleich gibt es Berichte über das Chikungunya-Virus, das über die Asiatische Tigermücke übertragen werden kann. Im Wochenbericht-Interview befragten wir dazu Prof. Dr. Siegbert Rieg, Internist und Leitender Infektiologe am Uniklinikum Freiburg.

Viele Menschen sind unsicher, wann sie bei einem Insektenstich einen Arzt aufsuchen sollten. Gibt es eine allgemeine Empfehlung?

Siegbert Rieg: Wenn es sich um eine lokale Reaktion handelt, also an der Stichstelle eine Schwellung und eine Rötung auftritt, die nicht ungewöhnlich groß ist, muss man eigentlich nicht zum Arzt. Definitiv zum Arzt gehen sollte man, wenn es zu Atemnot oder zu einem Ausschlag mit Quaddeln am ganzen Körper kommt. Liegt eine schwere Allergie im engeren Sinn vor, reagiert der Körper im schlimmsten Fall mit einem anaphylaktischen Schock. Dann ist es ein Notfall, was aber glücklicherweise ein extrem seltener Fall ist.

Wie behandelt man einen Stich?

Rieg: Bei einer lokalen Rötung im Durchmesser von ein paar Zentimetern sollte man die Stelle kühlen und versuchen, sich nicht aufzukratzen, so dass keine Bakterien reinkommen und sich keine Infektion entwickelt. Zudem kann man den Stich mit Kortison-haltigen Cremes behandeln.

Siegbert Rieg ist Internist und Leitender Infektiologe an der Universitätsklinik in Freiburg. Foto: Uniklinikum Freiburg

Bei einem dick angeschwollenen Fuß oder einer Hand besteht also kein Anlass zur Sorge?

Rieg: Wenn man sich sonst gut fühlt, man kein Fieber bekommt, dann zunächst nicht. Manchmal gibt es aber Insektenstiche mit wirklich sehr großen Schwellungen. Da hilft es, die betroffenen Körperpartien hoch zu lagern.

Warum reagiert der Körper von Mensch zu Mensch so unterschiedlich auf Stiche?

Rieg: Es kommt natürlich darauf an, um welches Insekt es sich handelt und wie schwer man erwischt wurde, vor allem bei Bienen- oder Wespenstichen. Zum anderen liegt es an der individuellen Neigung, eine Schwellung auszubilden. Und je weniger man manipuliert oder kratzt, umso besser.

Kann sich eine Allergie auf Insektenstiche auch noch im späteren Verlaufe des Lebens bilden?

Rieg: Eine Allergie kann man prinzipiell auch später im Leben entwickeln. Es ist sogar typisch, dass es einen wiederholten Kontakt braucht, bevor sich eine allergische Reaktion entwickelt. Aber die allermeisten körperlichen Reaktionen sind keine Allergien im engeren Sinn.

Im Elsass hat sich zuletzt ein Mensch mit dem Chikungunya-Virus angesteckt, vermutlich durch den Stich einer Asiatischen Tigermücke. Die Person hatte das Virus also nicht von einer Tropenreise mitgebracht. Werden sich solche Fälle häufen?

Rieg: Die Vektoren, also diese übertragenden Moskitos, sind aufgrund des Klimawandels vorhanden und werden am Oberrheingraben nicht mehr zurückzudrängen sein. Man kann sie nur noch in der Dichte bekämpfen. Mit Reisen assoziierte Fälle, zum Beispiel aktuell von Reisenden aus La Réunion oder Mauritius, gibt es auch bei uns in Deutschland schon länger. In Südfrankreich sind seit 15 Jahren immer wieder vor Ort erworbene Chikungunya- und Dengue-Virus-Infektionen zu verzeichnen. Jetzt ist der erste Fall am Oberrheingraben beschrieben worden. Dass bei uns ein größerer Ausbruch entsteht, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Einzelne Fälle sind aber denkbar, weil die Vektoren da sind.

Für wen ist das Chikungunyavirus gefährlich?

Rieg: Die drei typischen Symptome sind Fieber, Hautausschlag und Gelenkschmerzen. Ein Teil der Infizierten entwickelt nur wenige oder gar keine Beschwerden. Bei sehr wenigen bleiben die Gelenkschmerzen über Wochen oder Monate. Ganz selten kann die Infektion auch mal schwerer, beispielsweise mit einer Hirnhaut- oder Herzmuskelentzündung verlaufen. Das betrifft fast ausschließlich immungeschwächte Patienten. Nach fünf bis sieben Tagen sind die allermeisten Menschen wieder gesund.