Der SC Freiburg geht mit großen personellen Veränderungen in die 63. Spielzeit der Fußball-Bundesliga. Am Grundgerüst der Mannschaft hat sich bis auf den Abgang von Ritsu Doan nichts Wesentliches geändert. Doch die Zahl der Herausforderer ist deutlich angestiegen. Dahinter steckt Kalkül – nicht zuletzt aufgrund der sehnsüchtig erwarteten Europokalnächte.
Wenn der SC Freiburg am Samstag (15.30 Uhr / Sky) im ersten Saison-Heimspiel den FC Augsburg empfängt, werden auf dem Platz und auf der Auswechselbank viele neue Gesichter zu sehen sein. Gleich sechs Neuzugänge sind gekommen – für Freiburg-untypisch viel Geld: mehr als 30 Millionen Euro investierten die Freiburger in diesem Sommer.
„Wir sind ein Stück in Vorleistung gegangen. Wir haben schon lange intensivst an Neuzugängen gearbeitet“, sagt Jochen Saier, Sportvorstand des SC über die rege Transfertätigkeit der Breisgauer. Teuerster Einkauf mit einer Ablöse von sieben bis acht Millionen Euro war der Japaner Yuito Suzuki von Bröndby IF.
Dass die Freiburger so viel Geld in die Mannschaft investiert haben, liegt auch an einer Erfahrung aus der Vorsaison. Dort trieben sich die Spieler in den Trainingseinheiten gegenseitig zu Höchstleistungen – mit dem bekannten Endresultat: Platz fünf und der dritten Europa-League-Teilnahme innerhalb von vier Jahren.
Diesen Effekt peilen die Südbadener in diesem Jahr erneut an. Saier spricht von einer Konkurrenzsituation auf verschiedenen Positionen, „die wirklich knackig ist“. Der Kader sei „doppelt gut besetzt, mit sehr engen Entscheidungen für den Trainer. Das ist genau das, was wir wollen“. Eines dieser Beispiele für ein „Mehr“ an Konkurrenzkampf ist Derry Scherhant, der Routinier Vincenzo Grifo auf der linken Seite Dampf machen soll. Der Neuzugang von Hertha BSC bringe Saier zufolge „schon einiges mit“ und sei „geradliniger“ als andere Spielertypen auf dieser Position im Freiburger Kader.
Der variabel einsetzbare Suzuki, den der SC schon im vergangenen Sommer holen wollte, soll wiederum hinter der Spitze mit seiner Kreativität und Schnelligkeit punkten. Er besitze Torgefahr und sei „ein guter Kicker“, so Saier. Vor der kommenden Saison habe man „ein Stück weit Respekt“, so Saier und verweist auf die zusätzlichen Spiele in der Europa League. „Aber wir fühlen uns gut aufgestellt“, so der Sportvorstand.
Der Umbruch bei den Südbadenern schreitet also weiter voran. Jordy Makengo wird sich mit Kapitän Christian Günter um Einsatzzeiten balgen. Und Niklas Beste, der seit seinem Winterwechsel zum SC noch nicht so richtig Fuß fassen konnte, scheint sich ebenfalls viel vorgenommen zu haben. Im Testspiel gegen Osasuna gehörte er zu den Auffälligsten. Die Lücke, die der Abschied von Ritsu Doan zu Eintracht Frankfurt gerissen hat, gilt es schließlich wieder zu füllen. „Wir sind total zufrieden mit ihm“, sagt Jochen Saier über Beste. „Er hat den Anspruch, mehr Spielzeit zu bekommen – wie alle im Kader. Das wird das Spannende sein in diesem Jahr mit dieser Dichte auf allen Positionen. Das ist das, was wir brauchen. Die Qualität hoch zu halten im Training war ein Schlüssel im letzten Jahr, um eine gute Saison zu spielen.“
Hoch ist im Breisgau aber auch die Erwartungshaltung. Vor allem von außen, aber auch intern. Damit müssen die Verantwortlichen umzugehen lernen. „Wir haben uns die Latte selber ein Stück weiter höher gelegt. Wir haben mehr Möglichkeiten, wir sind ambitioniert und haben ein Stück weit andere Zielsetzungen“, sagt Jochen Saier. Man könne aber nicht ausschließen, dass auch der SC wieder einmal in schwere See gerate. „Ich glaube aber schon, dass unsere Fans und Mitglieder einen realistischen Blick auf die Dinge haben“, so Saier. Das Wort „Klassenerhalt“ hat man bei der Frage nach dem Saisonziel in Freiburg aber nicht mehr vernommen.
Saier betont jedoch, dass sich das Grundziel nicht verändert habe. Nur die Formulierung sei jetzt eine andere, eine positivere. „Es geht darum, dass wir uns die Liga auf eine gute Art und Weise verdienen.“ Und wenn am Ende der Saison wieder das Erreichen der europäischen Plätze möglich sein sollte? „Dann wollen wir, mit allem, was wir haben, dafür kämpfen“, so der 47-Jährige.
Schwer wiegt kurz vor dem Saisonstart allerdings der Ausfall von gleich zwei Abwehrspielern. Neuzugang Philipp Treu, der fest für die rechte Abwehrseite eingeplant war zog sich im Vorbereitungsspiel gegen den HSV eine Schulterverletzung zu. Und auch Youngster Max Rosenfelder (Oberschenkelverletzung) fehlt Trainer Julian Schuster weiterhin. „Für Max ist das bitter, weil richtig großes Potenzial in ihm schlummert“, sagt Saier. Aus der Ruhe bringen lässt man sich davon beim SC aber nicht. Schließlich ist man auf Treus Abwehrseite mit Lukas Kübler und in der Abwehrzentrale mit Philipp Lienhart, Abwehrchef Matthias Ginter und Neuzugang Anthony Jung bestens aufgestellt. Die Mischung beim SC stimmt also. Wieder einmal, wohlgemerkt.