Wenn die Körperkunst nervt

Tattoos sind allgegenwärtig, aber nicht immer für die Ewigkeit – Lasern dürfen in Zukunft nur noch Profis

Tätowierungen sind seit einigen Jahren zu einer beliebten Körperkunst geworden. Längst sind sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Doch immer mehr Tätowierte wollen ihre Tattoos wieder loswerden. In Freiburg hat nun die erste Tattooklinik eröffnet, die auf solche Fälle spezialisiert ist.

Der Stamm-Tätowierer gehört für viele inzwischen so selbstverständlich dazu wie der Stamm-Frisör. Die Vielzahl der Studios in Freiburg zeigt, wie lukrativ der Markt ist. „Vor 20 Jahren sah das noch ganz anders aus. Damals war aber auch die Überwindung, sich ein Tattoo stechen zu lassen, viel größer. Die meisten unserer Kunden sind zwischen 20 und Mitte 30. Unsere älteste Kundin ist 67 Jahre alt. Aber das ist eher die Ausnahme“, berichtet Alina Häcker, Inhaberin des Tattoo-Studios „Blutkunst“ im Stühlinger.Als Trendsetter gelten Fußballprofis wie SC-Kapitän Mike Frantz, dessen Körper zahlreiche Motive schmücken. Bis zu seinem 24. Lebensjahr war der Mittelfeldspieler gänzlich unverziert. Dann kam auf die linke Schulter ein Schutzengel – inzwischen ist fast alles voll. „Ich habe nichts, das ich nur wegen des Aussehens habe. Das hat alles so seine Bedeutung. Das meiste ist in schwierigeren Zeiten entstanden“, erzählt Frantz. Die Tattoos hätten ihm geholfen, so der Profi. Mit seinem Style ist er Vorbild für viele Jugendliche. „Trendy sind Tattoos am Handgelenk, auch in der Rippengegend ist es derzeit beliebt“, weiß Alina Häcker.Doch kein Trend, ohne Kehrseite: Nicht jeder steht so hinter seinen Motiven wie Mike Frantz. Was womöglich noch vor einigen Jahren als Stück Kunst für die Ewigkeit galt, gefällt manchem Tätowierten heute nicht mehr oder ist ihm gar peinlich. Die Nachfrage nach Tattoo-Entfernungen steigt. Oft bieten Studios die schnelle Lösung per Laser an. Die Branche ist kaum reguliert. Die gesundheitlich riskante Behandlung kann daher von fast jedem angeboten werden. Die Bundesregierung will das nun ändern.Da das Bundesinstitut für Risikobewertung festgestellt hat, dass sich bei einer Tattoo-Entfernung mit dem Laser winzige Nano-Farbpartikel in den Lymphknoten anreichern können, sollen künftig nur Fachärzte die Behandlung durchführen können. Damit es erst gar nicht so weit kommt, ist intensive Beratung umso wichtiger. „Bei 98 Prozent der Motive führen wir ein Vorgespräch. Wir möchten wissen, welche Motivation dahinter steckt“, berichtet „Blutkunst“-Inhaberin Alina Häcker. Auch, wenn die Entfern-Technik inzwischen große Fortschritte gemacht hat, sei dieser Schritt aus ihrer Sicht nur die äußerste Notfalllösung. Erste Tattooklinik in FreiburgAuf diese Fälle spezialisiert hat sich der Hautarzt Hans Bayer, der seit kurzem gemeinsam mit seinem Kollegen Marco Hoffmann die Tattooklinik Achromatique in der Sundgauallee betreibt. „Wenn man ein Tattoo ohne Narbe entfernen will, ist das nur per Laser möglich. Leider hat dies zur Folge, dass der Markt mit Billiggeräten überschwemmt wird“, berichtet er. Natürlich ist die Wirkung eines professionellen 100.000-Euro-Lasers anders als bei einem China-Import aus dem Internet. Außerdem ist Erfahrung im Umgang mit einem solchen Gerät wichtig, da eine falsche Bedienung schwere Verbrennungen zur Folge haben kann. Wer an einen Pfuscher gerät, kann lebenslang mit den Folgen zu kämpfen haben. Es ist der Regierung daher ein Anliegen, dass künftig nur noch Fachärzte, die im Umgang mit Lasern ausgebildet sind, Tattoos entfernen dürfen. „Sollten Komplikationen auftreten, sollte ohnehin ein Arzt, der weiß, wie man das behandeln kann, involviert sein und kein Tätowierer“, ist Bayer überzeugt. Das gilt auch für frische Tätowierungen, die mitunter schwere allergische Reaktionen hervorrufen können. „Solche Fälle haben wir sehr häufig bei uns in der Tattooklinik“, berichtet er. Für eine generelle Verteufelung von Tattoos gebe es indes keinen Anlass. In Deutschland sei inzwischen jeder Vierte zwischen 20 und 35 tätowiert, in anderen Ländern sind es laut Bayer weitaus mehr. „Würde es einen Zusammenhang zwischen Tattoos und einer bestimmten Erkrankung geben, wäre dies längst aufgefallen. Abgesehen davon sind Tätowierungen schon so alt wie die Menscheit selbst“, so Bayer. Sven Meyer/Matthias Joers

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Tattoo Blutkunst Freiburg - Inhaberin: Alina Häcker (rechts) und Mitarbeiterin Laura Hirsch