„Kaum ein Stoff ist spannender“

Die Neue Welt ist ein fünfbändiges Romanprojekt von der Entdeckung Amerikas bis zur ersten Befahrung des Amazonas – Interview mit dem Autor

Der promovierte Historiker Roland Weis ist erfolgreicher Autor und Journalist mit Zeitungs- und Radiovergangenheit. In seinem fünfbändigen Romanprojekt „Die Neue Welt“ wird anhand der Lebensgeschichte eines spanischen Soldaten und Abenteurers die Entdeckungs- und Eroberungsgeschichte Süd- und Mittelamerikas nachgezeichnet. Im Gespräch mit Redaktionsleiter Sven Meyer erklärt der Neustädter Autor, was ihn an dem Stoff so fasziniert.

Wie und wann kam Ihnen die Idee zu diesem Romanprojekt in fünf Bänden?

Roland Weis: Die Idee ist schon sehr früh in meinem Studium entstanden. Bei der Beschäftigung mit der spanischen Geschichte und dem goldenen Zeitalter Spaniens mit seiner Entdeckungs- und Eroberungsgeschichte. Da steckt so viel Spannendes drin, aus dem man Geschichten entwickeln kann und alles folgt so dicht zwischen 1492 und 1542 aufeinander. Es ist ein Zeitraum, der in die Lebensspanne eines Menschen passt. So könnte theoretisch eine einzige Person alle wichtigen Ereignisse miterlebt haben, man könnte sie anhand des Lebenslaufes einer Person nach zu zeichnen. Das war meine Idee. Diese Person ist mein Titelheld Rodrigo.

Woher rührt Ihr großes Interesse für Mittel- und Südamerika?

Weis: In dieser Eroberungsgeschichte stecken wie unter einem Brennglas exemplarisch sämtliche menschliche Triebkräfte – von Goldgier über Macht- und Eroberungsansprüche bis hin zu Religion. Das alles ist auf engstem Raum innerhalb kürzester Zeit praktisch explodiert. Kaum ein Stoff ist spannender. Die spanische Eroberungsgeschichte hat mich schon als Jugendlicher fasziniert, damals vor allem die Abenteuerliteratur und die Lebensgeschichten von Eroberern wie Cortéz oder Pizarro. Ich war auch im Rahmen von Urlaubsreisen – mehr war nicht möglich – schon in der Region, in Mexiko, in der Karibik. Es ist eben nochmal etwas anderes, wenn man leibhaftig auf den Ruinen der Azteken- und Mayatempel steht.

Und die Historie lässt sich anhand Ihrer Romane authentisch und wissenschaftlich korrekt nachvollziehen?

Weis: Wenn man diese Eroberungsgeschichte flächendeckend und tief wiedergeben will, muss man vieles berücksichtigen. Beispielsweise die Frage, wer denn all die Finanziers dieser Expeditionen waren. Wer hat wie profitiert? Eine weitere Facette ist die Welt der Kapitäne und Seefahrer. Auch diese Welt beleuchte ich anhand einzelner Figuren. Und auch die Religiosität hinter den Eroberungsgeschichten ist ein wichtiger und sehr spannender Aspekt, den ich anhand einiger Charaktere herausarbeite. Alle historischen Ereignisse, Daten, Fakten und Hintergründe sind hieb- und stichfest minutiös recherchiert. Das ist mein Anspruch.

Schon der erste Band ist sehr monumental ausgelegt, viele Figuren werden eingeführt und man weiß, dass in den kommenden Bänden noch zahlreiche folgen werden. Wie konstruiert man als Autor eine solch komplexe Geschichte, ohne dabei selbst den Überblick zu verlieren?

Weis: Ich habe in meinem Arbeitszimmer jede Menge Karteikästen für jede meiner fiktiven Figuren. Es ist dabei auch wichtig, wann Figuren zum ersten Mal auftauchen, damit der Leser ihre Entwicklung mitverfolgen kann. In Skizzen entfalte ich deren Lebensfäden. Daneben gibt es aber auch Karteikästen für all die historischen realen Figuren, die ich in meine Romane eingeflochten habe. Da geht es vor allem auch um Recherche. Was war deren Werdegang? Wo waren sie wann? Da bin ich sehr akribisch. Das Ausrecherchieren hat einige Jahre in Anspruch genommen. Letztlich steckt in dem ganzen Projekt weit über ein Jahrzehnt Arbeit.

Wie lange brauchen Sie, um einen Band mit fast 700 Seiten fertigzuschreiben?

Weis: Die Vorarbeit ist eigentlich aufwendiger als das Schreiben selbst. Pro Band benötige ich etwa ein Jahr. Natürlich verwirft man immer wieder Ideen und fängt manches Kapitel nach zwei Dritteln vielleicht noch mal von Neuem an.

Noch ist die Geschichte nicht zu Ende geschrieben. Worauf freuen Sie sich nun am meisten?

Weis: Darauf, dass dieses Mammutprojekt doch einmal zu Ende ist. Es ist zwar erst ein Roman veröffentlicht, aber vier Bände sind schon geschrieben. Die anderen müssen nur noch ins Lektorat. Derzeit bin ich in der Anfangsphase zu Band 5: „Der große Fluss“. Als inzwischen 63-jähriger Veteran macht mein Titelheld Rodrigo die berühmte Amazonasfahrt des Oranella mit. Danach kann ich einen Schlussstrich ziehen. Die Geschichte ist dann vorbei und sie ist rund.

Geistert in Ihrem Kopf bereits ein Nachfolgeprojekt herum?

Weis: Natürlich gibt es noch Stoff, der mich reizen würde. Etwa die Erstbefahrung des Mackenzie Rivers durch Alexander Mackenzie im Jahr 1789. Auch das war ein Großereignis der Weltgeschichte, obwohl es am Rande passiert ist. Ich könnte mir aber auch einen Science Fiction Roman vorstellen. Ein ganz grober Keim ist da schon in meinem Kopf, aber die Idee möchte ich nicht verraten. Roland Weis: Die Neue Welt, Lindemanns Verlag, 688 Seiten, 29,90 Euro. Mehr zum Werk des Autors unter: www.roland-weis.de

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