Rehkitz-Retter im Dauereinsatz
Der Verein Wildtierschutz Dreisamtal bewahrt die Jungtiere vor dem Tod – Drohne spürt sie auf, bevor Wiesen gemäht werden
Wenn der Mähdrescher bedrohlich näher kommt, ducken sie sich ins Gras und verstecken sich, statt wegzulaufen. Bundesweit werden Schätzungen zufolge jedes Jahr rund 90.000 Rehkitze so getötet oder verstümmelt. Das will der Verein Wildtierschutz Dreisamtal verhindern. In den vergangenen Wochen waren die Kitzretter unermüdlich im Einsatz, um die Jungtiere im hohen Gras auf den Wiesen aufzuspüren.Für die Vereinsmitglieder herrscht aktuell Hochsaison: bereits vor Sonnenaufgang ziehen sie los und starten die Wärmebilddrohne, um im hohen Gras versteckte Kitze aufzuspüren und in Sicherheit zu bringen, bevor die Wiese gemäht wird. In den frühen Morgenstunden erkennen sie das Jungtier am besten, denn dann ist die Umgebungstemperatur noch niedriger als die des Wildtiers.
Bereits seit 10. Mai sind die Tierschützer im Einsatz, seit einem Monat sogar täglich. „Mit unseren Drohnen haben wir in diesem Frühjahr bereits rund 320 Hektar überflogen und konnten so etwa 35 Kitze retten“, sagt Hansjörg Schwarz, Gründer und Vorsitzender des Vereins. Die Mähsaison ist aber noch nicht zu Ende, bis Ende Juni sind Mitglieder des Vereins Wildtierschutz Dreisamtal noch aktiv.
Die Kitze fliehen nicht, wenn der große Mähdrescher angerollt kommt und das endet meist tödlich: „In den ersten zehn Tagen drücken sie sich ins Gras, bleiben liegen und verstecken sich, weil sie eh zu langsam wären, um vor großen Beutegreifern weg zu kommen. Wenn sie größer sind, springen sie etwas zur Seite, das reicht dann aber bei einem so großen landwirtschaftlichen Fahrzeug trotzdem nicht.“
Wenn ein Landwirt bei dem Verein vor dem Mähen angefragt hat, ziehen die Tierschützer los, „einer steuert die Drohne und spürt das Kitz auf, zwei oder drei andere fangen das gefundene Tier dann ein und bringen es an den Feldrand und sichern es hier mit einem Korb oder ähnlichem“. Sie berühren die Tiere nur mit Handschuhen und Gras, denn das Kitz hat als Schutz vor Räubern noch keinen Eigengeruch. „Wenn gemäht ist, lassen wir das Kitz laufen und die Mutter ist in der Regel in kürzester Zeit da“, so Hansjörg Schwarz.
Die Tierschützer sind in diesem Frühjahr zum ersten Mal aktiv, im vergangenen Jahr wurde der Verein gegründet und hat aktuell zwölf Mitglieder, „wir freuen uns immer über Unterstützer und Spender.“ Möglich gemacht hat die Kitzrettung erst die Förderung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Denn dieses hat die Anschaffung der beiden Drohnen, die je 6.000 Euro kosten, zu 60 Prozent bezuschusst. Eine Drohne ist im Dreisamtal stationiert, eine in St. Märgen, im Einsatz sind sie im Dreisamtal und darüber hinaus. Hansjörg Schwarz ist Polizeibeamter, sein Hobby ist die Jagd und das hat ihn zur Kitzrettung gebracht. „Dadurch habe ich auch Beziehungen zur Landwirtschaft und die meisten mussten schon erleben, dass sie ein Kitz beim Mähen verletzen oder töten. Deshalb war die Motivation da, das durch eine Wärmebilddrohne recht effektiv zu verhindern, denn die Trefferquote ist hoch “, sagt er. Für ihn widerspricht sich die Jagd und die Kietzrettung nicht, „denn es ist etwas ganz anderes ob man ein Tier bei der Jagd erlegt und verwertet oder es von einem Mähwerk geschreddert wird.“
Für die Landwirte ist der Einsatz des Vereins kostenlos, „wir arbeiten bereits mit mehr als 25 zusammen und es werden täglich mehr. Und alle wollen das nächstes Jahr auf jeden Fall wieder machen“, so Hansjörg Schwarz.
Saskia Schuh
