Betriebe fürchten Preisschock

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Drohende Mehrwertsteuersatz-Erhöhung: Dehoga warnt vor Pleitewelle in der Gastronomie

Steuerpläne der Ampel-Regierung sorgen in der Gastronomie für erhöhten Puls. Wirte und Verbände sehen düstere Zeiten auf die Branche zukommen, sollte die Mehrwertsteuer wieder von 7 auf 19 Prozent angehoben werden. Zu befürchten sind höhere Preise für die Gäste, aber auch eine steigenden Zahl an Insolvenzen.

 

Nach der leidvollen Zeit der Coronakrise strömen die Gäste – darunter auch viele Auswärtige – in diesem Sommer wieder in Kneipen und Restaurants in der Region. Doch so gut, wie der äußere Schein es glauben lassen mag, geht es der Gastronomie nicht. Im Durchschnitt liegt der Umsatz immer noch  12 Prozent hinter dem Vor-Corona-Niveau zurück. Das Gastgewerbe hat zudem mit erheblichen Preissteigerungen zu kämpfen: von Energie (+31 Prozent) bis hin zu Warenkosten (+12,6). Zudem hat sich der Fachkräfte- und Mitarbeitermangel inzwischen zu einem chronischen Problem entwickelt. Viele Betriebe sind zudem mit Coronahilfen-Rückforderungen konfrontiert. „Große Existenzangst ist derzeit in der Gastro weit verbreitet“, berichtet Doris Hertweck, stellvertretende Dehoga-Geschäftsführerin in Freiburg.
Hinzu kommt ein weiteres Thema, das wie ein Damoklesschwert über der Branche schwebt: Die reduzierte Mehrwertsteuer läuft – Stand jetzt –  Ende des Jahres aus. Das Geld wird in der Staastskasse dringend benötigt. Doch was wären die volkswirtschaftlichen Kosten? Warnungen vor einer großen Schließungswelle – und damit einem Verlust an Lebensqualität für die gesamte Gesellschaft – werden immer lauter. Im Zuge der Pandemie hatte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Die in der Coronazeit beschlossene Regelung wurde vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Energiepreise und der Inflation verlängert. Doch die Situation bleibt angespannt. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga und seine Mitglieder fordern daher, die verminderte Mehrwertsteuer auf Speisen „dauerhaft zu entfristen“.

„Seit Corona hat das Gastgewerbe in Südbaden 16 Prozent der Betriebe verloren. Das gab es meines Wissens noch nie. Bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer droht erneut eine Schließungswelle, was in einer Tourismusregion wie der unseren doppelt fatal wäre und natürlich auch die gesamte Zuliefererindustrie hart treffen würde“, warnt Doris Hertweck.
„Unsere Branche ist ohnehin massiv von der Inflation gebeutelt, die Kostenerhöhungen in allen Bereichen lassen uns keinen Spielraum mehr. Bei einer Mehrwertsteuererhöhung müsste der Preisaufschlag an die Gäste weitergegeben werden. In Umfragen unter unseren Mitgliedsbetrieben haben 95,7 Prozent  angegeben, dass sie die Preise erhöhen müssten“, so Hertweck. Dennoch, so die Befürchtung, würden die Umsätze sinken, da jeder Haushalt letztlich nur über ein begrenztes Budget verfügt.
 „Ein Besuch in einer Gaststätte darf kein Luxusgut werden, sondern muss für jeden möglich sein. Essen gehen ist schließlich auch Kultur und ein wichtiger Teil gesellschaftlichen Lebens“, so Hertweck. Sie verweist darauf, dass   aus genau diesem Grund in 23 EU-Ländern  Essen im Restaurant reduziert besteuert werde. Sie betont entschlossen: „Wir werden alles daran setzen, dass die reduzierte Mehrwertsteuer dauerhaft erhalten bleibt. Bundeskanzler Scholz hatte sich genau dafür ausgesprochen. Daran messen wir ihn.“  Sven Meyer