Azubis aus Indien in Südbadens Handwerk

Lokales

Südbadens Handwerk setzt auf Azubis aus Indien – der bisherige Erfolg gibt den Beteiligten des Projekts recht

 

 In Deutschland fehlt es an 100.000 Azubis im Jahr. In Indien gibt es Millionen junge Menschen ohne berufliche Perspektive. Ein Projekt der Handwerkskammer Freiburg (HWK) will das ändern.

Je mehr Widerstände er gespürt habe, desto mehr habe er die Sache in Gang bringen wollen: Joachim „Jogi“ Lederer ist ein ehrgeiziger Mann. Der Fleischermeister aus Weil am Rhein/Kreis Lörrach ist einer der beiden Motoren des Projekts „AINS-AH“. Hinter der sperrigen Abkürzung stecken die Worte „Aus Indien nach Südbaden – Auszubildende fürs Handwerk“. Drei Jahre sei es her, dass er auf die Möglichkeit der Vermittlung junger Inder in eine Ausbildung nach Deutschland gestoßen sei. In Handirk von Ungern-Sternberg, Mitglied der Geschäftsführung der HWK in Freiburg, habe er einen engagierten Mitstreiter gefunden, so Lederer.

Ein langer Weg für die Inder

Partner der Vermittlungen in Indien ist die Agentur „Magic Billion“ in Noida im Norden Indiens, die weltweit indische Arbeitskräfte vermittelt. Die Erfahrungen mit den Partnern im Handwerk in Südbaden seien sehr gut, berichtet Aditi Banerjee, die „Magic Billion“ 2018 mit gegründet hat. Leider sei das nicht überall in Deutschland so. Oft seien die Unternehmen sehr ungeduldig bei der Vermittlung und würden übersehen, was die jungen Inder auf sich nehmen, um beruflich eine Perspektive zu ergattern. Man spüre, dass Deutschland sich erst vor ein paar Jahren für Azubis aus Nicht-EU-Ländern geöffnet habe, so Banerjee.

Denn es ist in der Tat ein langer Weg, den die jungen Menschen aus dem Bundesstaat Kerala im indischen Südwesten auf sich genommen haben, bevor sie nach Freiburg kommen konnten. Ein Jahr lang haben sie auf eigene Kosten Sprachkurse belegt. Umgerechnet 5.000 Euro aus eigener Tasche kostet sie diese Vorbereitung. Doch das Geld ist eine lohnende Ausgabe, wie die beiden angehenden Fleischereifachverkäufer Haritha Pulakkattuthodi und Ridhin Roji berichten: Deutschland sei sein Traumland, hier sehe er seine Lebensperspektive, sagt Roji. Er ist seit zwei Wochen hier und hat gerade seine Ausbildung im Verkauf bei Metzgermeister Sigi Föhrenbacher in Kirchzarten begonnen. Dieser wiederum ist sehr angetan von „seinen Indern“: Haritha Pulakkattuthodi sei seit vier Wochen bei ihm im Betrieb und kenne sich schon gut aus im Sortiment. Umgehend habe sie Ridhin Roji ihr bereits erworbenes Wissen vermitteln können. „Man lernt viel voneinander“, schwärmt Föhrenbacher, der bereits Pulakkattuthodis indische Kochkunst („Sie hat gesagt, es wäre nur ein bisschen scharf…“) genossen hat, während im Gegenzug die junge Auszubildende erfahren hat, dass man in Deutschland das Wasser aus der Leitung trinken kann und nicht gleich überfahren wird, wenn man aus dem Haus auf die Straße tritt.

„Am Anfang hatte ich hier ein wenig Angst und viel Heimweh“, berichtet die junge Frau. Mittlerweile sei das aber verflogen und sie sehe, dass man mit Fleiß in Deutschland vorankommen könne. „Wir lernen viel von diesen jungen Menschen“, sagt denn auch Stefanie Froescheis, die Direktorin der Gewerbeschule in Lörrach. Die indischen Azubis seien hochmotiviert und wüssten, was sie wollen. Kein Wunder: Die jungen Leute sind alle bereits 22 bis 27 Jahre alt und verfügen über eine gute Schulbildung. Und sie scheuen auch nicht vor eher harten Berufen wie Maler oder Betonbauer zurück bei der Berufswahl. Dementsprechend setzt die HWK auch perspektivisch auf die Zusammenarbeit mit „Magic Billion“.
Nach dem ersten Pilotprojekt mit 13 indischen Azubis im vergangenen Jahr sind 2023 bereits über 40 Berufseinsteiger nach Südbaden gekommen. 2024 sind 120 die Zielmarke der HWK. „Alles deutet darauf hin, dass dies eine Erfolgsgeschichte wird“, so Christof Burger, Vizepräsident der Kammer. (bp)