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Klagewelle bringt das Verwaltungsgericht Freiburg ans Limit

Die meisten Neueingänge konzentrieren sich auf die Verfahren in Bezug auf die Herkunftsländer Türkei und Afghanistan. Foto: JoersDie meisten Neueingänge konzentrieren sich auf die Verfahren in Bezug auf die Herkunftsländer Türkei und Afghanistan. Foto: Joers

Beim Verwaltungsgericht Freiburg werden 2025 voraussichtlich beinahe so viele Verfahren neu eingehen wie erst einmal zuvor in seiner Geschichte (im Jahr 2017). „Wir sind an der Belastungsgrenze“, sagt Gerichtssprecher Klaus Döll.

Bis Ende Juli 2025 sind bereits 3.317 Asylverfahren und 1.304 allgemeine Verwaltungsrechtssachen neu eingegangen. Allein im Monat Juli 2025 sind insgesamt mehr als 1.000 Verfahren hinzugekommen.
Vor allem die vielen Klagen gegen abgelehnte Asylanträge machen dem Verwaltungsgericht zu schaffen.„Die hohe Anzahl der Asylverfahren ist derzeit eine besondere Herausforderung. Im Verhältnis zu den sonstigen Verwaltungsrechtssachen ist das ja beinahe die dreifache Menge“, so Döll.

Die meisten Neueingänge konzentrieren sich auf die Verfahren in Bezug auf die Herkunftsländer Türkei und Afghanistan. Die sind aufwendig: „Das Verfahren geht bei uns ein, dann werden Informationen gesammelt, die Begründung für die Klage wird eingereicht, das Bundesamt schickt uns die Akte zu und so weiter. Als Voraussetzung für das Urteil kommt es zu einer mündlichen Verhandlung, bei der der Kläger noch mal persönlich angehört wird. Und das kann sich also durchaus über mehrere Stunden erstrecken. Dann muss das Gericht seine Entscheidung fällen – auch mit Hilfe von Informationen über das Herkunftsland, zum Beispiel vom Auswärtigen Amt.“
Es gibt aber auch viele Klagen, bei denen es um die Rückführung Asylsuchender in andere europäische Mitgliedsstaaten wie Griechenland, Italien oder Bulgarien geht.


Dauer der Verfahren bereitet Sorge

Aufgrund der Flüchtlingswelle 2015 und 2016 war es für das Verwaltungsgericht 2017 mit 11.143 Verfahren ein Rekordjahr. Dass die Zahlen in diesem Jahr mit hochgerechnet knapp 8.000 Verfahren den seit damals höchsten Wert erreichen werden, „liegt auch wieder an den recht hohen Asylantragszahlen der letzten zwei bis drei Jahre. Das Bundesamt für Migration entscheidet über die Anträge, dann vergeht im behördlichen Verfahren eine gewisse Zeit und das tritt bei uns dann zeitverzögert ein“, erklärt Döll.
Aber auch in anderen Bereichen steigt die Zahl der Klagen. Beispielsweise geht es um die Rückforderung von Corona-Hilfen oder auch die Untätigkeit der Behörden bei der Einbürgerung. Außerdem rechnet man zukünftig am Verwaltungsgericht mit deutlich mehr baurechtlichen Streitigkeiten. Denn seit einer Reform müssen Bürger ihren Widerspruch gegen eine Entscheidung der Baubehörden nun direkt vor dem Verwaltungsgericht mit einer Klage einreichen.

Die Dauer der Verfahren bereitet den Freiburger Juristen ebenfalls Sorge: Die anhängigen und neuen Asylverfahren werden das „Gericht voraussichtlich jahrelang beschäftigen“. Auch wenn weiterhin schnelle Entscheidungen in Eilverfahren sichergestellt sind, werde das Gericht seinem eigenen Anspruch, auch in Hauptsacheverfahren möglichst zeitnah zu entscheiden, derzeit nur eingeschränkt gerecht. „Bisher wurden die Verfahren im Durchschnitt ungefähr vor Ablauf eines Jahres erledigt. Aber es ist fraglich, ob wir das weiterhin schaffen.“

Und was würde für Entlastung sorgen? „In erster Linie wäre es für uns hilfreich, wenn wir mehr Personal hätten“, so Klaus Döll. Beim Verwaltungsgericht Freiburg arbeiten derzeit 35 Richterinnen und Richter, davon zehn in Teilzeit. Sowie 18 Personen (zwölf in Teilzeit) auf den Geschäftsstellen der insgesamt 13 Kammern.