Die Brauerei Ganter aus Freiburg feiert in diesem Jahr ihr 160-jähriges Bestehen und ist noch immer in Familienbesitz. Ein guter Anlass für ein Gespräch über Bier mit dem Geschäftsführer Detlef Frankenberger.
Deutschland ist zwar immer noch eine Biertrinkernation, aber der Absatz sinkt. Woran liegt das?
Detlef Frankenberger: Das Verbraucherverhalten hat sich verändert, wir leben heute viel gesundheitsbewusster. Insbesondere jüngere Menschen trinken weniger Alkohol. Sie sind eher auf Gesundheit fixiert, oder wenn sie Alkohol trinken, sind es oft auch Cocktails oder Gin. Und dann ist da der demografische Faktor: Die Gesellschaft wird älter. Je älter man wird, desto weniger Alkohol verträgt man in der Regel. Und auch die Migration spielt eine Rolle, diejenigen, die zuwandern, trinken weniger oder gar keinen Alkohol. Als ich 1982 angefangen habe, lag der jährliche Pro-Kopf-Konsum bei 145 Litern, jetzt liegt er bei 88 Litern. Aber das waren natürlich noch andere Zeiten, da konnte man legal nach dem Kneipenbesuch noch Autofahren. Heute völlig undenkbar – zurecht. Alles spricht dafür, dass der Pro-Kopf-Konsum noch weiter sinken wird.
Geschäftsführer einer Brauerei zu sein ist demnach kein Job für jemanden mit schwachen Nerven.
Frankenberger: Ich bin es gewohnt. Der Biermarkt ist schon seit 30 Jahren schwierig und tendenziell rückläufig bei gleichzeitig hoher Konkurrenz. Die Herausforderung ist es, mit seiner kleinen lokalen Brauerei eine Marktpositionierung zu finden, mit der man halbwegs gut überleben kann. Das haben wir vor 12 Jahren getan. Unser Motto war damals: Bier braucht Heimat, wir haben uns ganz bewusst auf unsere Wurzeln hier in Freiburg besonnen, mit Spezialitäten und kleineren Mengen und Nachhaltigkeit – dieser Weg funktioniert. Mit 17 Millionen Euro Umsatz springt am Ende ein kleines Plus heraus, aber die gestiegenen Kosten der letzten Jahre spüren wir natürlich.

Nochmal zurück zur damaligen Neujustierung. Was haben Sie vor zwölf Jahren richtig gemacht?
Frankenberger: Freiburg hat eine gute Gastronomie, die auch in Zukunft bleiben wird. Beim Endverbraucher ist für uns mit Flaschenbier nicht so viel zu verdienen, weil wir die Kampfpreise der großen Marken nicht mitgehen können und wollen. Also haben wir uns voll auf die Gastronomie konzentriert. Dort beliefern wir rund 800 Objekte. Wir machen dort 80 Prozent unseres Umsatzes. Gleichzeitig haben wir durch die neue Strategie der Bügelflaschen und Spezialitäten auch wieder Wachstum beim Flaschenbier generiert. Aber als Brauerei muss ich immer wieder etwas Neues bringen und neu denken. Deswegen haben wir im vergangenen Jahr das Freiburger Bierle rausgebracht, das sich sehr erfolgreich entwickelt. So können wir uns im rückläufigen Biermarkt gegen die Konkurrenz ganz gut behaupten.
Früher war Pils völlig dominant, heute trinken viele auch gerne Helles. Ist das richtig?
Frankenberger: Nein, bei uns in der Region war früher in den 70ern und 80ern Export die beliebteste Sorte. Den Trend haben die Dortmunder Brauereien vorgegeben. Erst dann kam aus dem hohen Norden der Pilstrend. Bei Ganter brauen wir immer noch fast 70 Prozent Pils. Zwischendurch gab es mal einen großen Weizentrend, der inzwischen von Hellem abgelöst wurde. Darüber hinaus boomt alkoholfreies Bier.
Wie sehen Sie den Craftbier-Trend?
Frankenberger: Uns als kleiner Brauerei hat der Craftbier-Trend geholfen. Der Genuss rückte stärker in den Vordergrund und das hat dafür gesorgt, dass alle Brauereien wieder mehr Sorten brauen. Das hat den Markt belebt. Craftbier hat uns dabei nichts weggenommen, denn das trinkt man eher zu besonderen Anlässen, aber niemand kauft sich einen Kasten für zu Hause, in dem die einzelne Flasche fünf Euro oder mehr kostet.
Ein großes Thema beim Bier sind immer die Preise. Werden Sie Ihre Preise halten können?
Frankenberger: Die Kostensteigerungen sind immens, zumal wir natürlich auch unser Personal – aktuell sind es 70 Mitarbeiter – angemessen bezahlen wollen. Also werden wir in diesem Jahr eine Preisanpassung vornehmen. Natürlich gibt es immer wieder Kästen von nationalen Brauereien zu Kampfpreisen, aber da können wir nicht mitmachen, das wäre ruinös.
Woher bezieht Ganter die Zutaten für seine Biere?
Frankenberger: Da schauen wir, dass wir alles aus der Region bekommen. Den Hopfen bekommen wir aus Tettnang, die Braugerste kommt ausschließlich aus dem Hochrheintal, Hefe machen wir selbst, Brunnen haben wir selbst und auch sonst schauen wir, dass wir immer regional bleiben. Das Thema Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig: Wir verfolgen ehrgeizige Klimaziele und wollen ab 2030 als Brauerei klimaneutral produzieren, ganz neu sind wir nun auch dem Freiburger Klimapakt beigetreten.
Zum Schluss der Blick in die Zukunft. Wo wird die Brauerei in 20 Jahren stehen?
Frankenberger: Ich glaube, dass wir bis dahin 25 Prozent der Menge mit alkoholfreiem Bier machen werden. Aber alkoholisches Bier wird natürlich immer das Hauptgeschäft von Ganter sein. Als Dienstleister für die Gastronomie werden wir weiterhin in der Fläche der Region stark vertreten sein. Und ich denke, dass das Thema Nachhaltigkeit und kurze Wege in Zukunft noch wichtiger wird, weshalb in Freiburg und Umland der Stellenwert von Ganter eher zunehmen wird. Die Welt werden wir nicht erobern, aber im Regionalen können wir uns gut behaupten, auch weil die Eigentümer-Familie hinter uns steht und an uns glaubt und weil wir tolle Mitarbeiter haben. Die Brauerei steht gut da – auch bei der technischen Ausstattung. Aktuell investieren wir in einen neuen Dampfkessel. Das würden wir nicht machen, wenn wir nicht an die Zukunft glauben würden.