In Freiburg kann man viel studieren und erforschen. Die Uni genießt einen internationalen Spitzenruf. Wer aber wirklich außergewöhnliche Dinge ergründen will, der schaut sich die Arbeit am IGPP näher an.
Der Psychologe und Arzt Hans Bender (1907 – 1991) gründete das „Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V.“ im Jahr 1950 mit dem Ziel, sogenannte „okkulte – also paranormale – Phänomene“ wissenschaftlich zu untersuchen: Telepathie, Hellsehen, Geisterscheinungen, Nahtoderfahrungen. Also alles, wofür man keine Erklärung findet, so der stellvertretende Leiter des Instituts, der Psychologe Eberhard Bauer (81), der sein Berufsleben lang am IGPP geforscht hat und für den Aufbau der international renommierten parapsychologischen Bibliothek verantwortlich war. Bender hatte neben dem privaten Institut von 1954 bis 1975 eine gleichnamige Professur an der Universität Freiburg inne.
Seine Forschungsgebiete und die Forschungen seiner Nachfolger am IGPP waren und sind „tabuisierte Kontroversen“, die der Forscher enttabuisieren wollte. Mit großem Erfolg und öffentlichem Interesse, erinnert Bauer sich, der als Student Vorlesungen bei Bender besuchte. Die seien immer „rappelvoll“ gewesen, der „Spuk-Professor“ sei „ein Medienstar“ im damaligen Uni-Betrieb gewesen, bestätigt auch der heutige Institutsleiter, der Mathematiker und Neurobiologe Jürgen Kornmeier (57): „Ich wollte eigentlich Lehrer werden“, so der Wissenschaftler. Eine Freundin habe ihn aber zu einem Vortrag am IGPP mitgeschleppt, was seine Neugier geweckt habe. Ein Stipendium habe ihm in der Folge den Weg zur Doktorarbeit über Wahrnehmungsphänomene geebnet.

„Mein Doktorvater hat mir damals gesagt, ich solle nicht über das Thema Bewusstsein reden, das sei schädlich für die Karriere“, erinnert Kornmeier sich. Heute ist Bewusstsein ein akzeptiertes Forschungsthema, Forschung zu paranormalen Phänomenen kann aber karriereschädlich sein. Kornmeier scheint das wenig zu stören: „Es gab 2004 ein Manifest der bekanntesten deutschen Hirnforscherinnen und -forscher. Darin wurde skizziert, welche Fortschritte in der Hirnforschung in den kommenden 20 bis 30 Jahren erwartet werden, bis hin zum Verständnis von Bewusstsein.
Namhafte Vertreter dieser Gruppe räumen heute ein, dass die Neurowissenschaften weit hinter den dort skizzierten Erwartungen und Zielen geblieben sind“. Für Kornmeier ist das kein Wunder: Insbesondere das „Geist-Materie-Problem“ oder die Frage nach dem „Ich“ in der Wissenschaft, hat noch keiner aufgedröselt. Kornmeier betont: Wenn nur ein winziger Teil der berichteten Phänomene einen Wahrheitsgehalt hat, muss jeder Erklärungsversuch zum Bewusstsein, der dies ignoriert, scheitern.
Menschen, die unerklärliche Erfahrungen im Alltag gemacht haben, können sich beim IGPP beraten lassen. Spukphänomene hätten beispielsweise oft mit Konflikten in einer Familie zu tun: Wird der Konflikt gelöst, so verschwindet auch der Spuk.
In den Anfangsjahren des Instituts wie auch später in den „New Age-Wellen“ der Siebziger- und Achtzigerjahre sei das ein großes Thema gewesen, so Kornmeier und Bauer. Heute spiele sich vieles in den Sozialen Medien ab, in denen Betroffene sich auf die Suche nach – häufig wenig seriösen – esoterischen Hilfsangeboten machen.
Mit Esoterik und den damit einhergehenden Modeerscheinungen und Heilsversprechen habe man jedoch, so die beiden Freiburger Forscher, nichts am Hut. Auch wenn man bis heute keine in der wissenschaftlichen Gemeinschaft akzeptierte Ergebnisse vorlegen könne, wie Eberhard Bauer bestätigt: „Die zentrale Frage ist: gibt es diese Phänomene? Gibt es Telepathie? Gibt es Präkognitionen? Gibt es wirklich Menschen, die hellsehen können?“ Einen Moment zögert der erfahrene Psychologe, bevor er antwortet: „Ich kann es ihnen nicht beantworten. Ich weiß es nicht mit Sicherheit.“ Für die nächsten 75 Jahre könnte es am IGPP in Freiburg also noch einiges zu tun geben. Bernd Peters
Info: Das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V. (IGPP) wird aus privaten Stiftungsmitteln finanziert und ist auf freiwillige Spenden angewiesen. Es begeht sein 75. Jubiläum am 5. Juni mit einem nichtöffentlichen Symposium. Im weiteren Jahresverlauf wird es zudem eine öffentliche Vortragsreihe über die Arbeit des IGPP in Freiburg geben. Termine und weitere Infos finden sich im Internet auf der Seite www.igpp.de.