Auf dem Roßkopf tut sich was, und zwar so richtig: Das sogenannte Repowering der vier alten Windräder läuft auf Hochtouren. Was das an Technik, Verkehrsumleitungen und baulichen Eingriffen für Freiburg mit sich bringt, ist nichts weniger als ein XXL-Kraftakt.
Es ist ein Update für die Energiewende: Vier alte Windräder – Baujahr 2003 – werden ersetzt. An ihre Stelle treten zwei neue Giganten vom Typ Enercon E-138 EP3. Gefertigt werden sie in Portugal. Jedes hat eine Gesamthöhe von je 229 Metern – fast doppelt so hoch wie der Freiburger Münsterturm. Das Duo soll rund 18 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr liefern – mehr als doppelt so viel wie alle vier Bestandsanlagen zusammen.
Rotorblätter im Gegenverkehr
Bereits sichtbar sind die Bauarbeiten an den Fundamenten: 22 Meter Durchmesser, 3 Meter Tiefe, mitten im Wald. So beeindruckend die Technik, so spektakulär die Logistik: In zwei Nächten Anfang und Mitte August werden jeweils die Teile eines Windrades – drei Stahlsegmente und drei Rotorblätter – als Konvoi durch Freiburg transportiert. Ein einzelnes Rotorblatt misst 67,5 Meter – so breit wie ein Fußballfeld.
„Sie sind bereits aus Portugal unterwegs“, sagt Daniela Himbert, Sprecherin der Ökostromgruppe Freiburg. Die Route durchs Stadtgebiet führt von der A5 über die B31a zur Umladefläche in Ebnet. „Teilweise werden Ampeln und Straßenschilder für die Dauer der Fahrt gedreht“, so Himbert. Richtig eng wird es am Ganter-Knoten: Der Kappler Tunnel ist für die Transporte unpassierbar, weshalb ein Überweg über die Straßenbahngleise asphaltiert werden musste. Während die Kolonne die Gleise quert und dann die Schwarzwaldstraße in Gegenverkehrsrichtung befährt, sind die Tunnel stadteinwärts gesperrt. In Ebnet werden die Einzelteile zwischengeparkt, bevor sie mit fernsteuerbaren Schwerlastfahrzeugen über Waldwege zu ihren Standorten fahren. Je Teil dauert das ein bis zwei Tage – vorausgesetzt, das Wetter spielt mit.
Damit diese Transporte überhaupt möglich sind, musste der Forstweg verbreitert werden. Dafür mussten Bäume weichen. Die Stadt genehmigte eine dauerhafte Waldumwandlung von 1.956 Quadratmetern und eine temporäre von 9.303. „Zum Vergleich: Der bestehende Forstweg auf dem Roßkopf hat naturgemäß einen Flächenbedarf von rund 25.000 Quadratmetern“, so Himbert. Dabei bleibt es nicht: 2026 soll mit dem Bau dreier weiterer Anlagen am Standort „Roßkopf Süd“ begonnen werden. Dafür müssen 17.500 Quadratmeter Stadtwald für einen Zeitraum von 25 Jahren weichen und 15.000 für die Bauphase. Als Ausgleich wird woanders aufgeforstet, zum Beispiel im Mooswald. Freiburgs Gemeinderat gab dafür mit breiter Mehrheit grünes Licht. Die neue Querung am Ganter-Knoten werden voraussichtlich auch diese drei Windräder nutzen können.

Wieviel Wald gefällt wird, fließt in die Berechnung der Ökobilanz eines Windrads ein: „Als Beispiel: Die Turm-Anlage, die im Frühjahr 2025 auf dem Roßkopf gesprengt wurde, hat innerhalb ihrer mehr als 20-jährigen Laufzeit rund 50,5 Millionen Kilowattstunden Strom produziert, das entspricht etwa einer Einsparung von 50 Millionen Tonnen CO2 und der dafür notwendig gewesenen Ressourcen“, so Himbert.
Voraussichtlich im kommenden Winter werden die beiden verbliebenen Windräder gesprengt. Was dann damit passiert? Der Ökostromgruppe zufolge könnten heutzutage 90 Prozent eines Windrades recycelt werden. Der überwiegende Teil (60 bis 65 Prozent) sei Beton, der als Rohstoff für Recyclingbeton wiederverwendet werde. Die Gondel werde zerlegt und der verwendete Stahl (30 – 35 Prozent) eingeschmolzen. Oder sie erlebt einen zweiten Frühling als Bushäuschen oder Wanderhütte – „wie bei unserer Repowering-Anlage auf dem Schillingerberg in Freiamt“, so Himbert. Die Rotorblätter dagegen würden nur selten recycelt, „weil sie aus einem Verbundstoff bestehen, der aufgrund der Verklebung der einzelnen Materialien nur aufwendig zu trennen ist.“ Sie landen daher meist statt Gas oder Kohle in einer Verbrennungsanlage, z.B. in Zementwerken.
Ob sich all der Aufwand lohnt? „Der Bau ist aufwendig, aber das ist bei Bauprojekten dieser Größenordnung nicht zu umgehen“, sagt Himbert. „Wir stellen uns vielmehr die Frage, ob es sich für die Energiewende in der Region lohnt und da sagen wir ganz klar: ja“. Denn sollte die Stadt Freiburg ihr selbst gestecktes Ziel erreichen, bis 2035 klimaneutral zu werden, dann werden die neuen Anlagen „einen großen Teil dazu beigetragen haben“, so Himbert.