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Freiburgerin Julia Jettkandt war als Krankenpflegerin auf einem Hospitalschiff bei Madagaskar im Einsatz – Interview

"Die Patienten sind unheimlich bescheiden und dankbar", sagt Freiburgerin Julia Jettkandt. Foto: Mercy Ships „Die Patienten sind unheimlich bescheiden und dankbar“, sagt Freiburgerin Julia Jettkandt. Foto: Mercy Ships

Damit hat sie sich einen Kindheitstraum erfüllt: Kinder- und Intensivpflegerin Julia Jettkandt, die im Stühlinger wohnt, war acht Wochen lang ehrenamtlich auf einem Hospitalschiff der Hilfsorganisation Mercy Ships bei Madagaskar im Einsatz. Was die 39-Jährige, die seit Montag wieder in Freiburg ist, dort erlebt hat und wie es sich von ihrem Klinikalltag unterscheidet, erzählt sie im Gespräch mit Saskia Schuh.

Frau Jettkandt, wie kam es zu Ihrem ehrenamtlichen Einsatz auf dem Schiff?

Julia Jettkandt: Ich habe schon als Kind davon geträumt, irgendwann in Afrika zu arbeiten. Eine Arbeitskollegin hat mir von ihren Erfahrungen bei Mercy Ships erzählt. Sie war schon vier Mal auf dem Hospitalschiff. Da war für mich klar, das will ich auch machen. Für mich war es der erste Einsatz. Ich arbeite in einer Klinik in Basel und hatte das große Glück, dass ich dafür vier Wochen unbezahlten Urlaub und vier Wochen Überstunden nehmen konnte. Die meisten Arbeitgeber sind da sehr kulant, da es ja um den guten Zweck geht.

Wie sahen Ihre Arbeit und Ihr Alltag auf dem Schiff aus?

Jettkandt: Als Krankenpflegerin war ich auch hier für die Überwachung der Patienten und die Medikamente zuständig, trotzdem hat es sich sehr von meinem Klinikalltag unterschieden. Denn hier konnte man sich viel mehr Zeit für die Patienten nehmen – medizinisch, aber auch für das persönliche Gespräch. Behandelt werden auf dem Schiff, das im Hafen von Madagaskar stationiert ist, Patienten jedes Alters, teilweise ging es sehr turbulent zu, da springen dann auch mal Kinder rum. Ein großer Unterschied: Für Patienten unter 18 Jahren ist jemand dabei, der für das Kind sorgt, es beispielsweise wäscht. Selbst die Übersetzer übernehmen Aufgaben wie Betten machen, das ist schon eine tolle Teamarbeit. Die Patienten sind unheimlich bescheiden und dankbar. Um auf dem Schiff operiert zu werden, nehmen sie teilweise eine tagelange Anreise auf sich. Das berührt einen tief, hier verändert man wirklich etwas.

Hatten Sie denn auch Gelegenheit, Madagaskar kennenzulernen?

Jettkandt: Ja, das auf jeden Fall. Wir haben wie zuhause im Drei-Schicht-Betrieb gearbeitet mit fünf bis sechs Arbeitstagen pro Woche. Man hatte also auch etwas Freizeit für Ausflüge. Ich habe es dort geliebt, die Landschaft ist wunderschön und die Leute sind super freundlich. Es ist aber auch ein armes Land, da wird einem bewusst, wie privilegiert man ist.

Acht Wochen lang lebte die Freiburgerin auf dem Schiff der Hilfsorganisation, das im Hafen von Madagaskar stationiert ist. Foto: Mercy Ships

Was war die größte Herausforderung für Sie?

Jettkandt: Man hat deutlich weniger Platz und lebt in einer 6er-Kabine, da hat man wenig Raum für sich selbst, das konnte herausfordernd sein. Man muss mehr improvisieren und deutlich sparsamer mit den Mitteln, die man hat, umgehen. Auf dem Schiff herrscht immer ein gewisser Lärmpegel, daran gewöhnt man sich aber schnell. Es war jetzt erstmal komisch, in meine ruhige Wohnung in Freiburg zurückzukehren.

Welche schönen Momente sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Jettkandt: Da gab es viele. Beispielsweise den Gesichtsausdruck einer Frau, als sie sich das erste Mal im Spiegel gesehen hat, nachdem ihr eine Wucherung aus dem Gesicht entfernt wurde. Sie war gesellschaftlich isoliert, jetzt kann sie ein normales Leben führen, das war ein wunderschöner Moment. Oder ein Mann, der operiert wurde, weil er durch ein fleischfressendes Bakterium seine Nase verloren hatte – auch für ihn hat das alles verändert. Es war eine tolle Zeit, ich könnte mir gut vorstellen, in Zukunft wieder ehrenamtlich im Einsatz zu sein.

Info: Die internationale, christliche Hilfsorganisation Mercy Ships bringt seit über 45 Jahren medizinische Versorgung nach Afrika. Jedes Jahr engagieren sich auf den zwei Hospitalschiffen rund 2.500 ehrenamtlichen Fachkräfte aus über 60 Ländern – darunter Chirurgen, Pflegekräfte, Lehrer oder Ingenieure.

Deutlich mehr Zeit für die Patienten als im Klinikalltag hatte Freiburgerin Julia Jettkandt an Bord des Schiffs. Foto: Mercy Ships