„Wir haben vor 2022 nichts von dem geglaubt, was Putin gesagt hat, heute ist es die Realität“, sagt Kateryna Kit-Sadova, Frau des Bürgermeisters von Freiburgs Partnerstadt Lviv. Sie war vergangene Woche zu Gast und berichtete vom Leben inmitten des Kriegs in der Ukraine.
Vor zwei Jahren hat der russische Angriffskrieg begonnen: wie sieht die Situation aktuell in der Ukraine und in der Freiburger Partnerstadt Lviv aus? „Es gibt keine Familie in der Ukraine, die nicht durch den Krieg betroffen ist. Es ist kein normales Leben, wir sind auch mal müde, wissen aber, dass wir wieder aufstehen und weitermachen müssen,“, berichtet die 49-Jährige Unternehmerin und Frau des Bürgermeisters der Partnerstadt vergangene Woche bei einem Pressegespräch.
Ihr Bruder kämpft an der Front, ihr Neffe wurde schwer verwundet. Sie wirkt gefasst, wird aber auch immer wieder emotional. Bekannte schicken regelmäßig Videos von der Kriegsfront von verzweifelten Soldaten. „Jeden Tag gibt es viele tote Zivilisten in der Ukraine und gleichzeitig politische Diskussionen, ob Waffen geliefert werden, das macht wütend. Die Unterstützung ist sehr sehr wichtig, wir glauben an unseren Sieg“, betont Kateryna Kit-Sadova. „Lviv wird nicht so oft und so stark beschossen wie andere ukrainische Städte, es gibt aber immer wieder Raketenangriffe, bei denen Menschen sterben“, erklärt auch Tetyana Khabibrakhmanova, die Leiterin des Bereichs der Internationalen Kontakte der Stadt Lviv beim
Freiburg-Besuch.
Zahlreiche Gebäude wurden zerstört. Beispielsweise die Universität. Erst „vor zwei Wochen traf es Kindergärten und Schulen, wir versuchen schnellstmöglichst alles wieder aufzubauen. Denn die Kinder gehen in Lviv normal in die Schule, es ist wichtig, dass es weitergeht. Jedoch hat jede Schule Schutzbereiche im Keller, in denen die Kinder bei einem Raketenalarm in Sicherheit gebracht werden. Doch auch sie bauen Drohnen, die im Krieg eingesetzt werden, das ist unsere Realität.“ Trotzdem versuchen die Menschen in der Partnerstadt „nicht nur zu überleben, sondern auch zu leben“. So wurden Museen oder Kulturzentren von Privatpersonen eröffnet, es gab eine Skulpturenausstellung um wenigstens etwas Normalität zu schaffen. „Das ist eine Ablenkung vom Krieg und gibt uns neue Kraft“.
Die Unterstützung aus Freiburg ist nach wie vor groß: „Wir sind schon seit über 35 Jahre mit Lviv befreundet, die Beziehungen sind so intensiv wie nie, wahre Freundschaft zeigt sich in schwierigen Zeiten. Wir dürfen uns an diesen Krieg aber nicht gewöhnen“, sagt Oberbürgermeister Martin Horn. Seit Juli 2022 wird jeder privat gespendete Euro durch die Stadt verdoppelt. Klinikmaterial und Medikamente werden geliefert sowie Sachspenden, Generatoren für die Wasserversorgung oder PV-Paneele. Allein für das „Unbroken Zentrum“ in Lviv, das sich um Verwundete kümmert, wurden 500.000 Euro gespendet.
Per Video wurde der Bürgermeister von Lviv, Andrij Sadowyj zugeschaltet. Er bedankte sich für die nach wie vor „sehr wichtige Unterstützung“ und berichtete von der aktuellen Lage. Es gebe viele Verletzte, 100 zusätzliche Plätze seien deshalb schon im „Unbroken Zentrum“ geschaffen worden. Es fehlt jedoch an Prothesen für Verwundete. Deshalb will man in Lviv nun die erste Produktion für Prothesen in der Ukraine aufbauen.