Für mehr als 80 Dienste und Einrichtungen in der Stadt Freiburg und den Landkreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald ist die Caritas als dezentraler Träger aktiv. „Die Menschen identifizieren sich mit ihrer eigenen Einrichtung“, so Rainer Gantert aus dem Vorstand.
Der Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Eingliederung von Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen. „In diesem Bereich sind wir schon seit der Nachkriegszeit sehr aktiv“, so Gantert. Damals habe man bewusst damit angefangen, die Menschen zu integrieren. Ein besonderes Anliegen: Die Belange und Interessen von Menschen mit geistigen Behinderungen.
1925 zur Zeit der Gründung der Caritas waren Armut und Elend allgegenwärtig. Freiburg war damals geprägt von vielen Ordensgemeinschaften, deren Hilfe schließlich gebündelt werden sollte.
2.100 Menschen arbeiten für die Caritas und ihre Einrichtungen und Dienste. „Wir müssen groß sein, um den fachlichen Herausforderungen gewachsen zu sein“, so Gantert. Mit Einrichtungen in Denzlingen, Emmendingen und Bahlingen sowie einer neuen Einrichtung in Rheinhausen ist die Caritas auch im Umland aktiv.
Als Gesellschafter einer Pflegefachschule sorgt die Caritas selbst für ihren Nachwuchs – der mit Abstand größte Teil davon kommt aus dem nichteuropäischen Ausland, vor allem aus Südamerika und Südafrika. Rund 150 bis 180 Freiwilligendienstleistende kommen über die Caritas jedes Jahr nach Deutschland, 50 bis 70 von ihnen bleiben als Auszubildende. „Wir rekrutieren nur aus denen, die wir kennen“, so auch Frank Barrois, der ebenfalls im Vorstand ist. Und: „Das funktioniert sehr gut.“
Viele davon würden über die Sozialen Medien auf die Caritas in Deutschland aufmerksam. Man vermittle ihnen die Sprache, helfe, bei der Wohnungssuche und biete selbst Wohnraum – ein großer Faktor bei der Suche nach gutem Personal, denn nur, wer Wohnraum hat, kann auch arbeiten, so Barrois. „Das wird oft unterschätzt.“ Nach der Ausbildung werden sie übernommen – oder gehen zurück in ihre Herkunftsländer. „Wir wollen uns nicht von dort die Besten abgreifen, sondern auch etwas zurückgeben“, so Barrois.
Zu den 2.100 Hauptamtlichen kommen etwa 800 Ehrenamtliche Menschen jeden Alters sowie 1.150 Menschen, die in den Werkstätten arbeiten. Die Bindung der Mitarbeiter sei dabei genau so wichtig wie ihre Ausbildung, so Gantert. Drängend ist nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern auch bei den Hilfesuchenden das Thema Wohnraum. „Früher hat man mal geholfen, ein Kinderzimmer auszustatten, heute geht es viel häufiger um Lebenswichtiges wie die Miete oder Energiekosten“, so Gantert.
Demografischer Wandel im Fokus
Auf die nächsten 100 Jahre schauen die beiden Vorstandskollegen optimistisch. „Wir können nicht genug wertschätzen, dass wir in einer sicheren Region leben“, so Gantert. Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit gingen Hand in Hand – als Beitrag der Caritas sehen sie die soziale Gerechtigkeit. Mit Sorge blicken sie auf den demografischen Wandel. „Der verändert mehr, als wir denken“, so Barrois. Auf Dauer befürchten beide ein größeres Ungleichgewicht zwischen den Pflegenden und Menschen, die Pflege benötigten. Kräfte aus dem Ausland seien da nur die ersten Vorzeichen, so Barrois. Gleichzeitig sei der demografische Wandel gut prognostizierbar.
Temporäre Faktoren wie die Inflation oder auch ein Angriffskrieg in Europa seien hingegen unvorhersehbar. „Das trifft die Leute, die eh schon wenig Geld haben“, fürchtet Frank Barrois. Gerade in der Region stünden die hohen Wohnraumkosten in starkem Kontrast zu einem Einkommen, das nicht überdurchschnittlich sei – anders, als in anderen Regionen mit Wohnraummangel. „Das merken wir auch in der Schuldenberatung“, sagt er.
Prägend sei auch der Brand in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderung mit 14 Toten im Jahr 2012 gewesen. „Das war das Schlimmste – hat aber gleichzeitig auch das Gute in der Region zum Vorschein gebracht“, erinnert sich Rainer Gantert zurück. Gezeigt habe sich das in einer enormen Hilfsbereitschaft und großer Solidarität, die „uns alle noch näher hat zueinander rücken lassen“, so Gantert.
Zunächst jedoch ist der Caritas-Verband dankbar: Dankbar, für die letzten 100 Jahre und ein Jubiläum, das am 1. Oktober gebührend gefeiert werden konnte. „Wir freuen uns über unser großes Netzwerk“, so Gantert. Gefeiert wurde mit einem großen Gottesdienst mit über 1.000 Besucherinnen und Besuchern, bestehend aus Partnern, Angehörigen und den Menschen aus den Einrichtungen – von Kleinkindern bis Senioren. „Nur so funktioniert Inklusion in unserer Gesellschaft.“


Die beiden Caritas-Vorstandsvorsitzenden Frank Barrois und Rainer
Gantert (von links). Foto: Enya Steinbrecher